LESERINNENBRIEFE :
Agrarkolonialismus in Afrika
■ betr.: „Der Hunger geht, die Armut bleibt“, taz vom 15. 4. 10
Einer Frage geht der Artikel nicht nach: Woher kommt der Mineraldünger überhaupt? An wen hat Malawis Regierung dafür 178 Millionen US-Dollar bezahlt? Der Drahtzieher der Düngersubventionen und Berater der malawischen Regierung heißt Yara International ASA. Das norwegische Unternehmen ist der weltweit führende Zulieferer für mineralische Düngemittel und der einzige internationale Düngemittelproduzent, der in den vergangenen 25 Jahren in Afrika signifikant vertreten war. Um seine Geschäfte zu verbreiten, bedient sich der Konzern verschiedenster Strategien: Düngergipfel für afrikanische Regierungen, Veranstaltung großer Kongresse, um die Grüne Revolution in Afrika durch Dünger voranzubringen, oder die Verleihung des „Yara Preises für eine Grüne Revolution in Afrika“. Im Jahr 2005 wurde Äthiopiens Präsident Zenawi mit diesem Preis ausgezeichnet und Yara erhielt drei Monate danach Düngemittelaufträge in Höhe von 12 Millionen US-Dollar.
Afrika bietet der Düngerindustrie ein enormes Marktpotenzial. Die Frage ist lediglich, wie auf dem vielversprechenden Absatzmarkt Afrika eine zahlungskräftige Nachfrage geschaffen werden kann. Durch die Rückkehr zu Regierungssubventionen für Mineraldünger steigen nicht nur vorübergehend die Maiserträge der kleinbäuerlichen Familien, vor allem verbessern sich die Aussichten auf gute Geschäfte für Yara. So hat sich der Preis für Mineraldünger von 2007 auf 2008 nahezu verdoppelt und das malawische Düngersubventionsprogramm 2008/2009 um über 100 Prozent verteuert. Im selben Zeitraum sind die Yara-Aktien um das Zehnfache ihres Werts von 2004 gestiegen. Der letzte Satz Ihres Artikels fasst die Misere zusammen: „Die Düngersubventionen sind einfach nicht nachhaltig“, denn sie führen in eine Abhängigkeit der afrikanischen Kleinbauern, die zum Leben auf die internationale Düngemittelindustrie angewiesen sind!
Eine andere Landwirtschaft ist in Afrika möglich. Zahlreiche Studien und Erfahrungen belegen, dass die Förderung alternativer Ansätze mit organischem Dünger wie Dung, Kompost oder zur Gründüngung angebauten Leguminosen Möglichkeiten sind, um Erträge, Produktivitätswachstum und Ernährungssicherung zu verbessern. Afrika braucht keinen Agrarkolonialismus. Die neuen Player der Grünen Revolution sind die alten: Düngemittelindustrie, Saatgutkonzerne und Agrarchemiefirmen. Unter dem Vorwand, Armut zu bekämpfen, erklären sie Mineraldünger für Afrika zum strategischen Gut und verfolgen doch nur den Ausbau ihrer Geschäfte und Marktmacht.
Um die Armut kleinbäuerlicher Familien zu verringern, braucht Afrika Subventionen in eine nachhaltige Landwirtschaft und Maßnahmen zum Schutz von Boden und Wasserressourcen. Es braucht eine umfassende Entwicklung seiner Landwirtschaft, die soziale, ökonomische und ökologische Funktionen verbindet.
ULRIKE BINDER, Stuttgart
Millionäre besteuern
■ betr.: „Entlastung für mittlere Einkommen“, taz vom 14. 4. 10
Die Aussage von Hannes Koch „Die Belastung von Verdiensten über 53.000 Euro bliebe im Vergleich zu heute gleich. Die FDP hat sich hier davon verabschiedet, Wohlhabende und Reiche weiter zu begünstigen“ ist nicht zutreffend. Die im FDP-Modell höchste zu erreichende Steuerersparnis (1.534 Euro) wird erst bei 53.000 Euro erreicht und gilt für alle darüber liegenden Einkommen ebenfalls. Lediglich eine Steigerung der Ersparnis findet nicht statt. Bei einem Einkommen von 10.500 Euro beträgt die Vergünstigung nur 56 Euro. Angesichts der verheerenden Staatsverschuldung können wir uns eine Steueränderung nur leisten, wenn dadurch kein weiteres Defizit entsteht. Wer 10 Millionen im Jahr verdient, kann problemlos 90 Prozent Steuern zahlen. Mit einer Million sollte er seinen Lebensunterhalt fristen können. WALTRAUD FAASS, Straubenhardt-Feldrennach
Lieblos!
■ betr.: „Päpstlicher Schwulen-hasser“, taz vom 15. 4. 10
Kardinalssekretär Tarcisio Bertone hat keine zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, sondern nur eine: Das Zölibat hat wirklich nichts mit den bekannt gewordenen Perversionen zu tun, oder meint die Welt, solche seien an uns Frauen auszutoben? Was für ein würdeloses Frauenbild, was für eine lieblose Vorstellung von Sexualität! Dass das Zölibat trotzdem abgeschafft werden sollte, steht auf einem anderen Papier, aber das ist nun völlig überflüssig: Die Kirche selbst ist abzuschaffen! LYDIA RIEDEL-TRAMSEK, Möckmühl
Frauenklischees!
■ betr.: „Gefangene des Klimakteri-ums“, taz vom 7. 4. 10
Der Film strotzt nur so von Frauenklischees: Da sind die männerfixierte Domina, das große Mädchen, die übergewichtige Zukurzgekommene, die überforderte späte Mutter und die sexbesessene Alte, die anscheinend nur eins im Sinn haben: sich gegenseitig zu belügen, zu betrügen und fertig zu machen. Was hat das Ganze mit den Wechseljahren zu tun? Mein Fazit: Diese Serie ist weder unterhaltsam noch tröstlich, sondern einfach nur ärgerlich! Kaum zu glauben, dass so ein Mist in der taz ernsthaft empfohlen wird! GISA WINDHÜFEL, Freiburg
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