: Wenn der Energie- konzern alles weiß
DATENSCHUTZ Intelligente Stromzähler können Verbraucher rund um die Uhr überwachen
BERLIN taz | Intelligente Stromzähler sollen helfen, den Energieverbrauch in Haushalten zu steuern und die Umstellung auf erneuerbare Energien voranzubringen. Wie es dabei um die Privatsphäre bestellt ist, thematisierte auf der Bloggerkonferenz re:publica in Berlin Frank Rieger vom Chaos Computer Club. Sollen Stromkonzerne detaillierte Informationen über den Stromverbrauch jedes Einzelnen in die Hand bekommen?
Seit Jahresbeginn müssen in Neubauten sogenannte intelligente Stromzähler installiert werden. Wurde bisher lediglich der jährliche Verbrauch erfasst, sollen bald deutlich detailliertere Daten zur Verfügung stehen. Übermittelt werden dieses Angaben alle 15 Minuten oder gar in Echtzeit. Die modernen Stromzähler sollen es langfristig ermöglichen, den Stromverbrauch intelligent zu steuern. Wenn die Sonne scheint und somit mehr Solarstrom im Netz verfügbar ist, könnten etwa Waschmaschinen durch ein Signal vom Stromnetz gezielt angeschaltet werden.
Zunächst liefern die neuen Zähler dem Verbraucher mehr Informationen über den eigenen Verbrauch – und können ihn damit zum Stromsparen animieren. Dagegen haben auch Datenschützer wenig einzuwenden – wenn die Daten beim Verbraucher selbst bleiben. Werden diese jedoch automatisch an die Stromkonzerne geliefert, entstehen große Datenbanken, die dem Stromanbieter genaue Auskunft über viele persönliche Verhaltensweisen geben. Der Stromverbrauch verrät zum Beispiel, wann Menschen zu Bett gehen, frühstücken, fernsehen oder die Waschmaschine anstellen. „Es ist unerlässlich, dass die Verbraucher selbst die Hoheit über die Daten haben“, fordert Rieger, „wir müssen Datenschutz in diese Technologien einbauen.“
Neben der Datenschutzproblematik sprechen jedoch auch andere Gründe dafür, den Aufbau intelligenter Stromnetze nicht den Energiekonzernen alleine zu überlassen. Denn diese betreiben vor allem Grundlastkraftwerke, also Atom- und Kohlekraftwerke, deren Produktion sich nicht flexibel regulieren lässt und die, wenn sie wirtschaftlich betrieben werden sollen, auch bei niedrigem Stromverbrauch in der Nacht auf Volllast laufen müssen. Intelligente Stromnetze könnten auch dazu dienen, den überschüssigen Grundlaststrom nachts besser zu verkaufen – wie im Falle der Nachtspeicherheizungen, von denen vor allem AKW-Betreiber profitieren. HANNO BÖCK
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