Zwischenzeugnis für Rot-Grün

BUNDESTAGSWAHL IV Wie es um die Wählergunst in Niedersachsen acht Monate nach dem Antritt von Rot-Grün steht, wird auch die Bundestagswahl zeigen

Ein Absturz von Rot-Grün könnte bei der CDU das Trauma des Machtverlusts lindern

Ein erster Stimmungstest wird die Bundestagswahl am Sonntag für Rot-Grün in Niedersachsen acht Monate nach Regierungsübernahme sein. Vor allem für die SPD geht es dann um die Frage, ob ihr desaströses Ergebnis von 2009 ein Ausreißer bleibt.

Während die Grünen damals mit 10,7 Prozent der Zweitstimmen erstmals ein zweistelliges Bundestagswahlergebnis in Niedersachsen holten, lag die SPD bei nur 29,3 Prozent. Ein dramatischer Absturz: 2005 war die SPD mit 43,2 Prozent noch klar stärkste Partei im Lande. Bundesparteichef Sigmar Gabriel, 2009 nach parteiinternen Streitereien auf Platz 24 der Landesliste verbannt, tritt jetzt als Spitzenkandidat in Niedersachsen an – und müht sich redlich im Wahlkampf. Noch bis Samstag tourt Gabriel durchs Land.

Die Genossen in Hannover sind unterdessen vor allem mit sich selbst und dem grünen Koalitionspartner beschäftigt. Die Dienstwagen-Affäre um den mittlerweile geschassten Staatssekretär von Agrarminister Christian Meyer, Udo Paschedag (beide Grüne), hat der Landesregierung unter Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wochenlang Negativschlagzeilen beschert. Zudem droht wegen Paschedag schon im ersten Regierungsjahr ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Wie das bei den Niedersachsen ankommt, wird sich ab Sonntag auch am Bundestagswahlergebnis ablesen lassen.

Ein Absturz der SPD und der durch die Pädophilie-Debatte ohnehin angeschlagenen Grünen könnte in Niedersachsen vor allem die CDU über ihre Landtagswahl-Schlappe im Januar hinwegtrösten. Nur ein Abgeordnetenmandat fehlte Schwarz-Gelb damals für den Machterhalt – ein Trauma, das bis heute nicht verwunden ist. Mehr als 100.000 Wähler wanderten von der CDU um den in Umfragen stets beliebten Ex-Ministerpräsidenten und Landeschef David McAllister zur FDP ab. Die erreichte ein Rekordergebnis von fast zehn Prozent. Und das auch, weil McAllister bei seinen Anhängern mehr oder weniger offen um Leihstimmen für die FDP geworben hatte. Auch wegen des sogenannten „Niedersachsen-Effekts“ pocht man bei der CDU im Bundestagswahlkampf jetzt auf beide Stimmen der Wählerschaft.

Für Niedersachsens Liberale ist die Fallhöhe am Sonntag besonders hoch. Sie erreichten nicht nur bei der Landtagswahl ein Rekordergebnis, sondern auch bei der Bundestagswahl 2009: 13,3 Prozent. Bundesparteichef Philipp Rösler tritt in Niedersachsen jetzt als Spitzenkandidat erstmals für den Bundestag an, auf Platz zwei der Landesliste folgt ihm sein Generalsekretär Patrick Döring. Über den Verbleib der beiden Niedersachsen an der FDP-Bundesspitze könnte das Abschneiden am Sonntag entscheiden.  THA