Ein Krimi bis zum Finale

FRAUEN-FUSSBALL Turbine Potsdam kämpft in einem hochklassigen Spiel gegen FCR 2001 Duisburg. Aber erst im Elfmeterschießen können die Frauen das Halbfinalrückspiel der Champions League mit 4:1 für sich entscheiden

Die Duisburgerin Inka Grings, die die Torschützenliste anführt, verschoss gleich den ersten Elfmeter

VON JOHANNES KOPP

Manchmal liegt es ganz nahe beieinander. Das Besondere und das Gewöhnliche. So wie am Sonntag im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion. Erwartungsfrohe 4.522 Zuschauer fieberten dem Halbfinalrückspiel in der neu geschaffenen Champions-League der Frauen entgegen. Eine Redordkulisse.

Der Gegner an diesem Festtag war allerdings nur allzu bekannt. Innerhalb von nicht einmal vier Wochen kam es zum vierten Aufeinandertreffen von Turbine Potsdam mit dem FCR 2001 Duisburg. Turbine-Trainer Bernd Schröder argwöhnte im Vorfeld: „Die Mannschaften wissen viel zu viel voneinander. Das fördert nicht gerade die Kreativität.“

Schröder sollte lediglich für die erste Halbzeit recht behalten. Danach entwickelte sich ein hochklassiges und dramatisches Spiel, das erst im Elfmeterschießen mit 4:1 zugunsten von Turbine entschieden wurde.

Nach dem Anpfiff verstrich eine zähe Viertelstunde bevor Turbine-Stürmerin Anja Mittag erstmals aus spitzem Winkel aufs Tor schießen konnte. Nach weiteren 20 Minuten traf Nadine Keßler in aussichtsreicher Position das Leder nicht richtig. Die Duisburgerinnen störten geschickt die Potsdamerinnen weit in ihrer eigenen Hälfte. Umgekehrt wollten die Turbine-Akteurinnen offensichtlich kein großes Risiko eingehen. Wegen der 0:1-Hinspielniederlage hätten sie der Europapokalarithmetik gemäß nach einem Gästetreffer drei eigene Tore fürs Weiterkommen gebraucht. Deshalb hatte die Duisburger Trainerin Martina Voss-Tecklenburg gefordert: „Unser Ziel muss es sein, in Potsdam mindestens ein Tor zu schießen – und zwar möglichst schnell.“ Beinahe hätten ihr ihre Spielerinnen diesen Wunsch erfüllt, wenn nicht die Turbine-Keeperin Anna Felicitas Sarholz ihr Team mit zwei Paraden gegen die Nationalspielerin Simone Laudehr im Spiel gehalten hätte.

Zuerst war es also „das Spiel auf Biegen und Brechen“, das der Potsdamer Trainer erwartet hatte. Die Begegnung war von der strategischen Disziplin beider Teams geprägt. Das kam den erfahreneren und somit geschulteren Duisburgerinnen etwas mehr entgegen. Dem 67-jährigen Turbine-Coach konnte das gar nicht gefallen. Vor der Partie hatte er schon gesagt: „Wenn ich den gleichen Mist wie bei den Männern sehe, die Taktiererei, dann brauche ich mir das doch gar nicht anzuschauen.“

„Die Mannschaften wissen viel zu viel voneinander. Das fördert nicht gerade die Kreativität“

Das stimmte allerdings nicht. Der taktische Stellungskampf in der ersten Halbzeit hatte durchaus seine Klasse, der die Zuschauer in ständiger Anspannung hielt. Als dann in der zweiten Hälfte vor allem die Turbine-Akteurinnen wie entfesselt nach vorne stürmten, übertrug sich diese Leidenschaft auch auf die Ränge. Aufgrund des größeren Engagements fiel dann der Führungstreffer in der 61. Minute durch die kurz zuvor eingewechselte Tabea Kemme geradezu zwangsläufig. Der Vorsprung der Duisburgerinnen aus dem Hinspiel war egalisiert. Und anders als in der ersten Hälfte drängten die Gastgeberinnen nun ohne Rücksicht auf Verluste auf eine Entscheidung in der regulären Spielzeit. Ein weiterer Treffer wollte jedoch beiden Teams nicht mehr gelingen.

Auch in der darauffolgenden Verlängerung investierten die Turbine-Spielerinnen deutlich mehr, um das entscheidende Tor zu erzielen. Die Duisburgerinnen dagegen schienen sich bietende Freiräume gar nicht nutzen zu wollen. Sie verlegten sich fast ausschließlich aufs Verteidigen. Die Regie in der Sprecherkabine war bestens auf diesen Krimi vorbereitet und spielte beim Seitenwechsel in der Verlängerung den „Tatort“-Jingle ein. Die Entscheidung musste im Elfmeterschießen fallen.

Ausgerechnet die Duisburgerin Inka Grings, die die Torschützenliste der Bundesliga anführt, verschoss gleich den ersten Elfmeter. Als ihre Teamkolleginnen Linda Bresonik und Irini Ioannidou ihrem schlechten Beispiel folgten, standen die Potsdamerinnen, die bis auf Bajramaj sicher verwandelten, im Finale.