Die Verwandlung des Torsten F.

SPIELTAG Bundestrainer Joachim Löw sieht live, wie Filigrantechniker Torsten Frings Werder Bremen zurück in die Spitze der Bundesliga führt

Eigentlich hätte Marko Marin beim entscheiden Tor zur 3:2-Führung der Bremer gegen Wolfsburg durch den Sechzehner rauschen müssen. Es war eine Szene, die zum technikaffinen Marin gepasst hätte: schöne Mitnahme mit dem Kopf, den Ball dann elegant mit links auf rechts gelegt und volley ins Eck.

Doch es war nicht Marin, sondern Torsten Frings, der in einer verstaubten Ecke seiner fußballerischen Persönlichkeit das Ballgefühl gefunden haben muss.

Kurz zuvor hatte der robuste Sechser noch dazu einen Elfer verwandelt und so den 2:1-Rückstand der Bremer quasi im Alleingang zum letztendlichen 2:4 gedreht. Dass sich seine Mannschaft nun wieder Hoffnungen auf die Champions-League-Teilnahme machen kann, ist nach der verdümpelten Vorrunde genauso überraschend wie Frings’ Technikexkurs im Strafraum.

„Auch ich kann Fußball spielen“, bemerkte der Bremer Matchwinner süffisant, als ihn überraschte Journalisten nach dem Spiel auf seinen goldenen Moment ansprachen. Ein Wermutstropfen bleibt nur der Ausblick auf die Weltmeisterschaft in Südafrika. Während Vollzeittechniker Marko Marin nämlich zur Weltmeisterschaft nach Südafrika fahren wird, kann Frings im Urlaub Beachsoccer spielen.

Daran änderte auch nichts, dass Bundestrainer Joachim Löw die Verwandlung des Torsten F. live im Wolfsburger Stadion miterlebte. Ohnehin war Löw kurz nach Frings’ Tor aus dem Stadion gegangen. Vielleicht aus Angst, ein schlechtes Gewissen zu bekommen.

„Wir wissen ja alle, dass es in der Nationalmannschaft nicht nach Leistung geht“, giftete Frings wohl auch, weil er wusste, dass bei Löw nichts mehr zu holen ist. „Mein Charakter ist wohl nicht gefragt“, sagte er und ergänzte ein wenig verbittert: „Ich bin halt kein Nationalspieler mehr.“

Die Aufregung über Frings’ Nichtberufung ist in Bremen groß, zumal nach Spielen wie in Wolfsburg. Doch Frings müsste sich wahrscheinlich vollends in Marko Marin verwandeln, um doch noch mit nach Südafrika zu kommen. KES