Autonomer Chic

ROTE-FLORA-MODENSCHAU

Im feinen Hamburger Pöseldorf herrscht Panik. In dem Quartier an der Alster, in dem sich schon die Modeschöpfer Wolfgang Joop und Jill Sander inspirieren ließen und in dem viele Immobilien-Investoren ihr Domizil haben, da also, wo die Schönen und Reichen sich in Nobel-Restaurants verköstigen lassen und sich Antiquitätenläden in den kleinen Gassen drängeln, findet am Dienstagabend eine Autonome Modenschau statt. „Prada und Manolo sind out“, so die Botschaft der Bewohner der Roten Flora, die die Modenschau veranstalten. Stattdessen zeigt das Flora-Fashion-Team die Kollektion des unbekümmerten „Smashing Trends“ und „Riot-Couture“.

Hintergrund des Catwalk-Auftritts sind die hartnäckigen Gerüchte, dass der Consulting-Unternehmer Gerd Baer das besetzte autonome Stadtteilzentrum Rote Flora im Schanzenviertel gemietet oder gekauft habe. Die Immobilie gehört dem klammen Event-Investor Klausmartin Kretschmer, und da Baer ein anderes Kaliber als Kretschmer ist, sehen die Rot-FloristInnen stürmische Zeiten auf sich zukommen. Die Rotfloristen befürchten eine Räumung durch private Security oder sogar ein „Abfackeln“ der Roten Flora. Baer bestreitet gegenüber der taz, die Flora in Besitz genommen zu haben. „Ich bin doch nicht verrückt“, sagt er. Er habe Kretschmer nur beraten und seine Liquidität wieder hergestellt. Er sei kein „Feuerteufel“ beteuert er.

Trotz der Dementis wollen die Rotfloristen die Pöseldorfer auf Proteste nach einer möglichen Räumung durch einen abendlichen Spaziergang durch Pöseldorf vorbereiten. Die Pöseldorfer, so die Idee, sollen im Falle eines Falles wissen, wie sie sich zu kleiden haben. So gehört zum Halstuch die Sonnenbrille und „Sandalen auf dem rutschigen Parkett internationaler Proteste sind out“, sagt das Flora-Fashion-Team. „Stilsicher“ seien indes kleine „Alibi-Fähnchen“ für „schlagkräftige Argumente“. Und klar sei: „Der Rock zur Hasskappe sorgt für Irritationen und stellt den Militanzfetisch der Saison infrage.“  KVA