Der Wuselstürmer

Klaus Allofs lächelte, als Ivica Olić auf weißen Socken Richtung Fernsehkameras an ihm vorbeilief. „Gut, dass wir keinen anderen Stürmer haben“, sagte der Manager des VfL Wolfsburg, „sonst würde Ivica womöglich nicht spielen.“

Ein Scherz, selbstverständlich. Mit seinen beiden Toren (44., 48.) hatte Olić Maßgebliches zum 2:1-Sieg über 1899 Hoffenheim beigetragen, dem dritten und bisher mühsamsten Sieg im dritten Heimspiel der jungen Saison. Aber es war auch mehr als ein Scherz, weil nach den ersten Spielen bereits fiese Kritik laut geworden war, am bis dahin torlosen Olić – und am Manager, der partout keinen weiteren Stürmer verpflichten wollte.

Ex-Nationalstürmer Patrick Helmes hat man verkauft, weil er nicht in die Pläne von Trainer Dieter Hecking passt, der Strafraumstürmer Bas Dost ist verletzt und der andere Strafraumstürmer Stefan Kutschke bis auf Weiteres ein Kaderspieler.

Bleibt Olić, der eben kein klassischer Mittelstürmer ist und mit offiziellen 1,82 m auch kein Adressat für Flugbälle und Flanken. Er ist vermutlich auch kein echter Neuneinhalber, wie man die moderne Alternative zum Strafraumstürmer nennt. Vielleicht sollte man ihn einfach Wuselstürmer nennen.

Gegen Hoffenheim war zu sehen: Er hat das Gespür des Stürmers und Kompetenz in engen Räumen, er kommt aber lieber über den linken Flügel und kann mit seinen kleinen Schrittchen Gegenspieler überlaufen. Beide Treffer fielen nach schweren individuellen Fehlern von jungen Hoffenheimer Defensivspielern, aber speziell beim Siegtreffer kochte Olić den TSG-Innenverteidiger Vestergaard auch raffiniert ab.

Grade noch in Fanforen zerrupft, nach vier Toren in drei Spielen jetzt ein gefürchteter Torjäger, dessen Vertrag Allofs verlängern sollte? Naja, sagt der Manager, immer langsam. Olić ist im September 34 geworden, und angesichts seiner Statistiken beim HSV, bei Bayern, beim VfL und in der kroatischen Nationalelf muss man davon ausgehen, dass keine Tormaschine mehr aus ihm wird. 55 Tore sind es in 173 Ligaspielen, 13 in 38 Spielen bisher für den VfL. Das ist für das, was er sonst noch alles macht, aller Ehren wert. „Er hat einiges einstecken müssen“, sagte Kollege Marcel Schäfer, aber im Team habe man immer gewusst, was man an ihm habe. Und Olić sagte: „Jetzt ist alles wieder gut.“

Aber es gibt eben auch Spiele, in denen nicht viel läuft, auch wenn Olić permanent in Bewegung ist. Perspektivisch dürfte Olić in Allofs’ Projekt ein Mann des Übergangs sein. Aber im Fußball zählt nur die Gegenwart: Als Ivica Olić fünf Minuten vor dem Ende den Platz verließ, standen die Leute auf. PETER UNFRIED