Schwierig zu händelnde Regel

HANDSPIELBALL Nach Hannovers 2:1-Erfolg gegen Augsburg wird kaum über das Spiel, aber viel über das Regelwerk diskutiert

„Sobald der Ball irgendwo an der Hand ist, wird gepfiffen. Und das ist schrecklich“

JAN-INGWER CALLSEN-BRACKER

HANNOVER taz | Seine Beschwerde klang wie eine Petition im Namen der gesamten Branche. „Es wird Zeit, dass für die ganze Fußballwelt eine klare Linie eingeführt wird. Sobald der Ball irgendwo an der Hand ist, wird gepfiffen. Und das ist schrecklich“, sagte Jan-Ingwer Callsen-Bracker und war ziemlich sauer. Der Innenverteidiger hatte sich mit seinem FC Augsburg mit 1:2 bei Hannover 96 geschlagen geben müssen. Handspiel oder nicht, Absicht oder regelkonform – der turbulenten Partie waren lebhafte Debatten über die Regelauslegungen beim Handspiel gefolgt. „Diese Regel funktioniert irgendwie nicht korrekt“, meinte 96-Trainer Mirko Slomka.

Der Ärger über den Unparteiischen Christian Dingert und dessen Entscheidungen beherrschte die kontroversen Spielanalysen. Vor dem 0:1 per Strafstoß von Paul Verhaegh (51. Minute) hatte das Schiedsrichterteam gemeinsam auf Handspiel von 96-Verteidiger Salif Sané entschieden, obwohl der Senegalese mit dem Rücken zum Geschehen angeschossen worden war. Auf der Gegenseite versäumte es Dingert, ein klares Handspiel des Augsburger Verteidigers Ragnar Klavan mit einem Elfmeter zu ahnden. Beim 1:1 wiederum, das der Pole Artur Sobiech in der 60. Minute erzielte, war das Gerangel um den Ball so groß, dass ein mögliches Handspiel nur erahnt werden konnte. Zumindest in der Schlussphase lag der Schiedsrichter richtig, als er nach einem Handspiel des Augsburgers Matthias Ostrzolek den entscheidenden Strafstoß verhängte, den Szabolcs Huszti zum 2:1-Siegtreffer verwandelte. Er gehorchte dabei einer Regel, die mehr verwirrt als ordnet.

Das Rätselraten darüber, wohin der Arm eines Spielers eigentlich gehört, wie er den Ball mit der Hand berühren darf und welche Art des Ballkontakts mit einem Elfmeter bestraft wird, hat sich zu einem hartnäckigen Begleiter des Bundesliga-Spielbetriebs entwickelt. Die Spieler sind verunsichert, die Schiedsrichter überfordert. In Hannover wurden nun die Graubereiche der Regel 12 des Deutschen Fußball-Bundes geradezu systematisch beleuchtet. Im Fachvokabular ist dann von unnatürlichen Handbewegungen oder Vergrößern der Körperfläche die Rede.

Schiedsrichter Dingert muss sich vorwerfen lassen, dass er die kritischen Entscheidungen, bei denen obere Extremitäten im Spiel waren, unterschiedlich bewertet hat. Seiner Gilde will es nicht gelingen, eine einheitliche Linie beim Ahnden oder Tolerieren von Handspielen zu finden. „Es ist schlecht, dass wir schon so früh in der Saison so oft darüber diskutieren“, sagte 96-Trainer Slomka, der sich von Dingert erst stark benachteiligt gefühlt hatte, dann aber von dessen Entscheidung kurz vor dem Abpfiff profitierte. CHRISTIAN OTTo