Kauder verkündet Gesundheitsreform

Unionsfraktionschef prescht auf „drittem Weg“ voran: Steuer-Soli für die Kinder, versteckte Kopfpauschale fürdie Kassen und – am liebsten – die „kleine“ Kopfpauschale für alle neuen Kosten. Ulla Schmidt sagt nicht Nein

BERLIN ap/taz ■ Zur Umfinanzierung des Gesundheitswesens erwägt die große Koalition laut Unionsfraktionschef Volker Kauder eine Kombination aus zwei Teilen Kopfpauschale und einem Teil Steuerfinanzierung. Im Zentrum stünde ein neuer Gesundheitsfonds, aus dem die Krankenkassen für jeden Versicherten eine Pauschale bekommen, sagte Kauder nach einer Vorabmeldung des Stern von gestern.

„Ich stelle mir vor, dass wir größere Gerechtigkeit im Gesundheitssystem erreichen, indem wir die Kosten für die Kinder auf alle Schultern in der Gesellschaft verteilen“, sagte Kauder laut Stern. Die nötigen 14 bis 16 Milliarden Euro für die Kinderversicherung würden durch einen „Gesundheitssoli“ von acht Prozent auf die Lohn- und Einkommensteuer-Schuld oder drei Prozent mehr Steuern aufs Einkommen getragen.

Wie Kauder erklärte, könnten mit dem „Soli“-Geld die Kassenbeiträge „um etwa eineinhalb Prozentpunkte“ sinken. Beide Geldströme sollten in einen Fonds fließen. Aus diesem Topf würde eine Pauschale von rund 150 bis 170 Euro an die Kassen überwiesen. Dadurch werde der Wettbewerb zwischen den Kassen gestärkt. Die genaue Höhe hänge davon ab, ob es eine „zusätzliche Altersrückstellung“ geben solle.

Da aber die Kassenbeiträge nicht mehr steigen sollen, müsste jeder – erwartbare – Anstieg der Gesundheitsausgaben künftig anders abgefangen werden, etwa eine kleine Kopfpauschale: „Deswegen überlegen Experten, ob steigende Kosten beispielsweise über eine zusätzliche Prämie finanziert werden sollen.“

Die gesetzlichen und die privaten Krankenversicherungen sollen nach Kauders Angaben „im Wettbewerb miteinander stehen“, wobei die Privaten dann auch bislang ungeliebte Versicherte nehmen müssten. „Zumindest müssen sie zu einem Standardtarif diejenigen wieder aufnehmen, die einmal bei ihnen versichert waren.“

Ein solches Modell wäre laut Kauder ein „dritter Weg“ zwischen Kopfpauschale und Bürgerversicherung. Ziel der großen Koalition müsse sein, „dass die soziale Sicherung nicht bei jeder Wahl wieder Angstthema ist“. Er fügte hinzu: „Wenn wir das erreichen, werden die Menschen sagen: Die große Koalition hat etwas Tolles geleistet.“

Mit dieser Ansage zur Gesundheitsreform greift Kauder der gerade erst eingesetzten Arbeitsgruppe aus Union und SPD unter Vorsitz der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) vor. Diese sollte bis zum Sommer Eckpunkte formulieren. Schmidt erklärte gestern dürr, sie „begrüße es“ unter anderem, „dass man sich nun neuen, solidarischen Wegen der Finanzierung öffnet“. Alles weitere sei Sache der Arbeitsgruppe.

Kauders Skizze dürfte dem Willen der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entsprechen. Zwar hat SPD-Chef Matthias Platzeck unlängst Kopfpauschalen und das Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge abgelehnt. Doch ist mit Platzecks Rücktritt vom Montag kaum Verbindlichkeit seitens der SPD mehr zu erwarten. Nicht zuletzt hat auch Ulla Schmidt selbst schon ein Modell entwickelt, das Kauders Vorschlägen größtenteils entspricht.

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