NACH HETZBRIEFEN AN MIGRANTISCHE POLITIKER
: Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch

Volksverhetzung, ja oder nein? Immer noch ist unklar, ob die Schmähbriefe, die die NPD vor der Bundestagswahl an diverse Politiker mit Migrationshintergrund verschickt hat, diesen Tatbestand erfüllen. „Wir prüfen noch“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Mittwoch zur taz.

Bei der rechtlichen Würdigung werde man aber nicht ignorieren können, dass es zu einer ähnlichen Hetzaktion der NPD eine Rechtssprechung des Kammergerichts gebe. Das höchste Berliner Gericht hatte 2012 das NPD-Vorstandsmitglied Jörg Hähnel vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Unter dessen Verantwortung hatte die NPD im Bundestagswahlkampf 2009 einen „5-Punkte-Plan zur Ausländerrückführung“, verschickt. Die Vorinstanzen hatten Hähnel zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Das Kammergericht meinte hingegen, im Wahlkampf sei ein hohes Maß an Zuspitzung und Provokation erlaubt.

Auch diesmal hatten die Rechtsextremen migrantische Bundestagsbewerber in Briefen zur Ausreise aufgefordert. „Heimwandern statt einwandern“, lautete die Überschrift. Beigelegt waren symbolische One-Way Tickets: „Guten Heimflug! NPD“, heißt es süffisant. Fünf Betroffene haben laut Polizei Strafanzeige wegen Beleidigung und Volksverhetzung erstattet. Dazu gehören die parteilose Azize Tank, die für die Linkspartei in den Bundestag einzieht, und der Grüne Özcan Mutlu.

Mutlu spricht von Wiederholungstätern: Er hatte schon 2009 von der NPD Post bekommen. Tank, ehemalige Migrationsbeauftragte von Charlottenburg-Wilmersdorf, fühlt sich von dem Schreiben an ihre Privatadresse persönlich diskriminiert und bedroht. Der mit „Heimführungsbeauftragter“ unterschriebene Brief erwecke Assoziationen zum Faschismus. Unter dem Deckmantel „der Heimführung“ sei der Massenmord an den Juden vorbereitet worden.

„Die Denkweise muss sich ändern“, forderte Linken-Politiker Hakan Taş mit Blick auf Ermittlungsbehörden und Justiz. Das Thema Rassismus werde immer noch zu sehr auf die leichte Schulter genommen. An seine Haustür waren am Wochenende SS-Runen und eine Todesdrohung geschmiert worden. „Dass das jetzt schon an der Wohnungstür passiert, zeigt, wie ernst die Lage ist“,warnte der Grüne Mutlu. PLUTONIA PLARRE