RWE stellt sich taub

Konzernkritiker verlangen, dass RWE aus Atomkraft, Braunkohle und dem Wassergeschäft aussteigt. Heute auf der Hauptversammlung in Essen wollen sie dem Konzern die Leviten lesen

VON DIRK ECKERT

Heute muss sich der RWE-Konzern mit Kritik von Umweltschützern und Privatisierungsgegnern beschäftigen. Denn die Kritischen Aktionäre haben beantragt, dass Vorstand und Aufsichtsrat auf der heutigen Hauptversammlung in Essen nicht entlastet werden.

Zuletzt waren es die Ärzte gegen Atomkrieg (IPPNW), die dem Energiemulti aus NRW vorgeworfen hatten, eine Renaissance der Atomkraft einzuläuten (taz berichtete). Auch die Kritischen Aktionäre werfen RWE vor, weiter auf Atomkraft und fossile Energie zu setzen anstatt auf alternative Energien. Damit gefährde die Konzernspitze „das Gemeinwohl und somit langfristig die Arbeitsplätze der RWE-Beschäftigten und das Vermögen der RWE-Aktionäre“. Außerdem müsse sich der Konzern aus dem Wassergeschäft zurückziehen. „Wo RWE die Trinkwasserversorgung übernommen hat, hat es deutliche Preissteigerungen und Qualitätsverschlechterungen gegeben“, kritisiert Henry Mathews, Geschäftsführer der Kritischen Aktionäre. In Urbana in Illinois sei die Wasserqualität nach der Übernahme durch RWE so schlecht geworden, dass das Wasser vorsorglich abgekocht werden musste.

Die Kritischen Aktionäre verlangen außerdem, dass RWE den betroffenen Kommunen die Möglichkeit gibt, ihre Wasserversorgung zurück zu kaufen. RWE sperrt sich jedoch dagegen. Zwar will das Unternehmen seine Töchter American Water Works und Thames Water bis 2007 wieder verkaufen. Allerdings nur an Finanzinvestoren oder auch – wie im Fall American Water – an die Börse.

Konzernchef Harry Roels vollzieht mit dem Verkauf einen Kurswechsel. Denn RWE hatte Thames Water erst 2000, American Water Works 2003 gekauft. Roels‘ Vorgänger Dietmar Kuhnt hatte so versucht, RWE zu einem weltweiten Strom-, Gas- und Wasserlieferanten zu machen. Nun will sich RWE verstärkt auf Strom- und Gasmärkte in Europa konzentrieren. Ex-Chef Kuhnt scheidet deswegen heute unter Protest aus dem Aufsichtsrat aus.

In Kontinentaleuropa will RWE jedoch im Wassergeschäft bleiben. Vorwürfe, dass die Wasserqualität unter RWE-Management sinke, weist das Unternehmen deswegen zurück. Preise und Trinkwasserqualität hingen „ganz wesentlich“ von den Vorgaben der jeweiligen Regulierungsbehörde ab, heißt es in einer Stellungnahme des Vorstands zur Hauptversammlung. Diese Behörden, „die bei ihrer Entscheidung auch die Kundenbedürfnisse zu Grunde“ legen würden, müssten im Übrigen auch den Verkäufen noch zustimmen.

Dem Antrag der Kritischen Aktionäre werden ohnehin wenig Chancen auf Erfolg eingeräumt. Zu 53 Prozent ist RWE im Besitz von Anlegern wie Unternehmen, Banken und Fonds. 31 Prozent gehören Kommunen wie Dortmund und Essen, weitere zwei Prozent den Beschäftigten. Nur 14 Prozent sind im Besitz von Kleinaktionären.