Hamburger Szene
: Blamage mit Scharlach

Mütter kommen beim Blick ins Kinderkrankheitenbuch schnell zu schlimmen Vermutungen. Hohes Fieber, gelbweiße Zunge – könnte das nicht Scharlach sein, das ohne Antibiotika-Einnahme zu Schäden an Herz und Nieren führen kann?

Grund genug für einen Wochenendbesuch in der Notfallpraxis Farmsen. „Scharlach-Schnelltests zahlt die Krankenkasse nur noch bis zwölf“, hören wir am Empfangstresen. Bei älteren Kindern müssten Eltern dies selbst zahlen, „wie bei Grippemedikamenten“. Der Sohn ist groß, aber erst zehn, also kommen wir kostenlos davon. „Hat kein Scharlach“, weiß der Arzt auch ohne Test nach kurzem Blick in den Rachen. Für die Krankheit reicht einfacher Fiebersaft. Zum Abhören soll das Kind sein Kapuzenshirt ausziehen. „Schaffst du das allein?“, fragt die Mutter. Darauf der Arzt: „Wie alt bist du? Zehn? Dann schafft er das.“

Schamesrot verlässt Muttern die Praxis, hat sie doch mal wieder die wertvolle Zeit von Medizinern vergeudet und erfahren, dass Kinder ab zwölf dem Gesundheitswesen schnuppe sind. Dabei vergisst sie die Mütze des Sohnes und will auch nicht mehr zurück, um sie zu holen. „Ich fand die aber gut“, murrt das Kind und erklärt, ermuntert durch den Arzt: „Ich hol sie allein.“

Kleine Genugtuung: ein Anruf bei der Kassenärztlichen Vereinigung klärt auf, dass die Kassen den Schnelltest für diese Kinderkrankheit bis 16 bezahlen. Muttern mag sich in Farmsen als überbehütende Pute blamiert haben, dafür ist sie aber stets tiptop informiert.

Kaija Kutter