Reform auf Kosten der ärmsten Länder

Frühjahrstagung: Im IWF sollen China, Südkorea, Mexiko und die Türkei mehr Stimmrechte bekommen

BERLIN taz ■ Die Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank steht in diesem Jahr unter einem guten Stern. Meint zumindest Staatssekretär Thomas Mirow aus dem Bundesfinanzministerium. Die globalen Wachstumsraten der Wirtschaft bewegten sich schon im vierten Jahr bei über 4 Prozent. „Das ist außergewöhnlich“, so Mirow. Auch mögliche Risiken habe man erkannt und Maßnahmen eingeleitet. Auf dem Treffen, das am kommenden Wochenende in Washington stattfindet, könne man nun die Reform der Stimmrechte innerhalb des IWF in Angriff nehmen. Vertreter regierungsunabhängiger Organisationen sind allerdings skeptisch.

Bislang hängt die Verteilung der Stimmrechte davon ab, wie viel ein Land in den Fonds einzahlt. So haben die USA allein 17 Prozent der Stimmen und damit eine Sperrminorität. In Indien leben dagegen zwar 17 Prozent der Weltbevölkerung, im IWF hat das Land jedoch nur 2 Prozent der Stimmen. Für die besonders benachteiligten neuen Wirtschaftsmächte China, Südkorea, Mexiko und die Türkei soll es nun eine Ad-hoc-Aufstockung geben.

Dabei sind die Konflikte programmiert: Bekommen einzelne Schwellenländer einen größeren Stimmenanteil, müssen andere Länder Stimmen abgeben. Die Bundesregierung werde einer Reform nur zustimmen, „wenn eine Erhöhung nicht zu Lasten der Europäer geht“, so Mirow. Mögliches Ergebnis: Die ärmsten Länder werden die Leid Tragenden einer Umverteilung.

Ebenfalls auf der Tagesordnung steht die neue Energiepolitik der Weltbank. Diese hat im Auftrag der G 8, also der acht großen Industrieländer, einen Investitionsrahmen für „saubere Energie und Entwicklung“ vorgelegt. Als sauber könnte dabei auch die Atomkraft durchgehen, befürchtet Knud Vöcking von Urgewald. Darauf ließen Äußerungen des Weltbankpräsidenten Paul Wolfowitz schließen. Selbst von den für erneuerbare Energien vorgesehenen 748 Millionen US-Dollar würden zwei Drittel für Großstaudämme ausgegeben. So schafft die Weltbank „nur ein gutes Investitionsklima für ausländische Investoren“, sagt Vöcking. „Sie trägt aber nicht zur Armutsbekämpfung bei.“

Auch andere NGOs schließen sich dem an. Generell sei zu beobachten, dass die Weltbank wieder stärker in die Finanzierung von Großprojekten einsteige, berichtet Daniela Setton von der entwicklungspolitischen Organisation Weed, „trotz aller Kritik an deren sozialen und ökologischen Auswirkungen“. Sie moniert überdies, dass IWF und Weltbank die Verschuldung vieler Entwicklungsländer nutzten, um Druck in Richtung einer Handelsliberalisierung auszuüben. So profilierten sie sich zunehmend „als Lobby der Welthandelsorganisation“.

Ein Thema, das lange Zeit die IWF- und Weltbanktagungen dominiert hat, ist dagegen völlig von der Liste verschwunden: die Schuldenkrise. Die von der G 8 im vergangenen Sommer beschlossene Schuldenerleichterung für die ärmsten Entwicklungsländer hat zwar nur eine kleine Delle im Schuldenberg erzeugt. Aber für die Finanzinstitutionen scheint das Problem damit erledigt. NICOLA LIEBERT