Soundtrack zur Hölle

MUSIK Das erste Turkish Metal Festival außerhalb der Türkei präsentiert sich, wie es die Besucher erwarten: ohrenbetäubend

„Wo lang geht’s zum Turkish Metal Battle Festival?“, fragt eine junge Frau mit dunklen Haaren am Clubeinlass den Türsteher. Der glatzköpfige 2-Meter-Muskel-Mann guckt ein wenig entsetzt und schüttelt den Kopf: „Dit hat doch keen Sinn, allet keen Sinn, sach ick dir!“

Vorurteile machen offenbar auch in der Musikszene keinen Halt vor Türken. Egal, die Mädels in schwarzer Kluft zucken die Schultern und gehen an dem Riesen vorbei, sie wollen zum Konzert. Vergangenen Samstag fand im Berliner Club K17 das erste Turkish Metal Festival außerhalb der Türkei statt.

Als sich die Tür zum Clubraum am Ende eines schmalen Gangs im ersten Stock öffnet, schallt einem kratziger Elektro-Gitarrensound entgegen, eine Frau schreit sich die Seele aus dem Leib. Unterhalten ist unmöglich, die Lautstärke ohrenbetäubend.

Die Stimme gehört der Frontwomen der Black-Metal-Band Darkesthra: Sie ist zierlich und klein, doch ihr Sound ist so kraftvoll, dass dem Publikum bei ihrem professionellen Gekreische die Haare um die Ohren fliegen. Einige headbangen vor der Bühne.

Ein bisschen wie bei KISS

Die Musiker von Darkesthra sehen ein bisschen wie die von KISS aus, schwarz und weiß geschminkt, die Haare lang und zottelig, aber die Beats des Drummers sind härter, die Melodien düsterer, fast schon mythisch. Für Nichtkenner hört sich das an wie der Soundtrack zur Hölle.

So auch für den eingefleischten Metalfan, der sich als Dirk vorstellt: schwarze Stiefel, Lederweste, um den Kopf hat er sich ein Piratentuch mit Anarcho-Mustern gebunden. „Das war der Hammer“, sagt der 52-jährige Wirtschaftswissenschaftler nach dem Konzert begeistert. Metal hört er seit seinem zwölften Lebensjahr, aber auf einem Turkish-Metal-Konzert war er das erste Mal.

Gehört hatte er von den Bands über einen Freund aus der Türkei, da wollte er sich das Konzert nicht entgehen lassen. Besonders angetan sei er von der Eingangsperformance des Kreuzberger Musikers Volkan T. gewesen, der seinen Hardcore-Sound nicht nur mit Gitarre, sondern einer elektronischen Baglama spielt, einem anatolischen Volksinstrument. Fünf Stunden bedienen die Metal-Bands aus der Türkei und Deutschland das ganze Spektrum vom Black und Death Metal bis zum im Verhältnis etwas softeren Hard Rock, etwa von Whiskey, der türkischen Version von AC/DC.

Das Publikum an diesem Abend ist sehr gemischt. „Metal hört man nicht die Herkunft des Landes an, es gibt so gut wie keine Unterschiede im Sound“, sagt ein 33-jähriger Informatiker, der mit seinen Freunden aus Köln angereist ist – denn türkischen Metal bekomme man sonst nur in Istanbul zu hören. Für manche ist Metal eine Lebensphilosophie, für ihn ist er ein bisschen wie Fasching: „Am Montag trage ich zur Arbeit wieder Anzug und Krawatte.“ CANSET ICPINAR