Wieder ein bisschen weniger Sozialismus auf der Insel

KUBA Achtzehn weitere Berufe hat die Regierung für die Selbständigkeit freigegeben. Ein kleiner Schritt

BERLIN taz | Immobilienmakler, Maurer, Klempner, aber auch Zwischenhändler von Telefonutensilien und Agrargütern dürfen seit der Vorwoche ganz offiziell in Kuba selbständig arbeiten. Dazu müssen sie nur eine offizielle Lizenz bei den Behörden beantragen, fortan Steuer zahlen und Sozialabgaben. Das machen nach offiziellen Angaben derzeit 463.000 „Cuentapropistas“, wie die Kleinunternehmer in Kuba genannt werden; deutlich weniger als ursprünglich in Havanna erwartet.

Als im Oktober 2010 die Freigabe von 178 Berufen für die Selbständigkeit als bisher wichtigste Reform des kubanischen Arbeitsmarkts bekanntgegeben wurde, da hatte die Regierung massive Entlassungen im staatlichen Sektor angekündigt. Man müsse neue Wege gehen und bis zu 1,8 Millionen Jobs beim Staat bis 2015 abbauen, hieß es aus dem Finanzministerium. Die Leute, so das Kalkül, sollten doch einfach in den bis dato sträflich vernachlässigten Privatsektor wechseln. In einem ersten Schritt sollten bis zum Parteitag im Frühjahr 2011 500.000 Angestellte entlassen werden, um so das Problem der plantillas infladas, der aufgeblähten Belegschaften“, in den Griff zu bekommen.

Doch das Schockprogramm sorgte für Widerstände und Unmut in der Bevölkerung. Folgerichtig wurde es nach rund 250.000 Entlassungen zurückgezogen. Das haben kritische Ökonomen wie der verstorbene Oscar Espinosa Chepe genauso kritisiert wie der in Medellín lehrende Pavel Vidal Alejandro. Beide haben schon 2010 für die Freigabe von mehr Berufen für die Selbständigkeit plädiert. Jetzt sind die Verantwortlichen am Platz der Revolution aktiv geworden und haben achtzehn weitere Berufe freigegeben, die den Privatsektor weiter wachsen lassen sollen.

Darunter sind so populäre Berufe wie Klempner, Mauerer oder Zimmermann, die zwar unter der Hand längst ausgeübt wurden, aber denen nun auch legal nachgegangen werden kann. Ziel ist es ein Klima des Vertrauens und der Legalität zu schaffen“, schreibt die Parteizeitung Granma. Doch Kuba wäre nicht Kuba, wenn es nicht auch eine Einschränkung gäbe. So soll der Wiederverkauf von Produkten aus staatlichen Devisenshops fortan eingeschränkt werden, wie die Granma betonte. Spekulation sei nicht erwünscht, so der Berater. Der vergaß aber zu erwähnen, dass die Einrichtung von Großmärkten zur Versorgung des Privatsektors bis heute nicht so recht vom Fleck gekommen ist – trotz aller Ankündigungen. KNUT HENKEL