Spaltung der Studis

CONTRA Nele Stubben vom AStA argumentiert gegen die „vemeintlichen Vorteile“ eines Schulterschlusses mit dem Rektor

■ ist AStA-Vorsitzende und studiert Politik auf Master

Die bundesweiten Proteste im letzten Semester griffen spät auf Bremen über. So spät, dass sich der Rektor zur Aussage hinreißen ließ, es gäbe keine Proteste: Die Unileitung sei mit den Studierenden im Dialog. Tatsächlich, andernorts wurde geräumt, in Bremen lädt man die Studis zum Gespräch. Doch ob dieser kooperative Umgang zu deren Vorteil ist, lässt sich nur an den Ergebnissen messen.

Zwar verweist das Rektorat stets darauf, Studierende und Unileitung säßen im selben Boot. Doch nach eigener Aussage kann sich Müller eine Uni auch ohne Studis vorstellen – das Boot könnte also bald sehr leer sein. Der vermeintliche Schulterschluss dient weniger den Interessen der Studis als dazu, den Protesten die Angriffsfläche zu nehmen. Schuld haben stets die anderen. Wahlweise Fachbereiche, die Politik, die Studis.

Dass Studierende und Uni-Leitung in einem Boot sitzen, darf angezweifelt werden

Es war Müller, der sich selbst zum Anführer der Proteste gegen den Hochschulentwicklungsplan V ernannte – der gleiche Rektor, der sich später im Eilverfahren über den Akademischen Senat hinweg- und die Kürzungen doch umsetzte. Wie so oft wurde er nicht zur Verantwortung gezogen: Die aufgebrachten Studierenden hatten sich spalten lassen in „kooperativ“ und „unkooperativ“. Beide konnten die Interessen der Studierendenschaft nicht durchsetzen.

Denn die unterscheiden sich an vielen Stellen ganz grundsätzlich von denen der Uni-Leitung: Bei der Berufung neuer ProfessorInnen ist inzwischen vorrangiges Kriterium die Menge an Drittmitteln, die sie mitbringen. Bei der Frage von Erhalt oder Schließung eines Studienganges zählt häufig, wie teuer der einzelne Studienplatz ist und wie viele Drittmittel aus der Forschung generiert werden können. Ähnlich mutet die Zulassung ausländischer Studierender an. Aufgrund der hohen Abbrecherquoten wurde die Schraube bei den Vorkenntnissen angezogen. Nun werden weniger ausländische Studierende zugelassen und weniger brechen das Studium ab – komplexes Problem, einfache Lösung. Die bestechende Logik des Rektors lässt einen nur staunen. Ebenso beeindruckend der Auftritt des Dekans der Wirtschaftswissenschaften, Jochen Zimmermann, vergangene Woche auf dem Semestergipfel: Es sei üblich, dass 1.000 Studierende in einem Hörsaal für Klausuren auswendig lernen, um danach alles zu vergessen, verkündete er. Das mag wahr und aus ökonomischer Perspektive sogar rational sein. Die Frage bleibt, ob die Interessen der Studis gewahrt werden – danach sucht man hier jedoch vergeblich.

Seit deutlich geworden ist, dass der so genannte Bologna-Prozess und die Einführung von Bachelor und Master nicht optimal verlaufen sind, will das Rektorat in Bremen mit den Studierenden über Verbesserungen diskutieren. Schon bevor es 2009 zu Streiks an seiner Uni kam, hatte Rektor Wilfried Müller eingeladen, „kritisch Bilanz“ über die Umstellung des Studiums auf das Bachelor-Master-System zu ziehen. Mitte April hat er das mit einem „Semestergipfel“ fortgesetzt. Die Studierenden reagieren äußerst zurückhaltend auf diese Gesprächsbereitschaft: 2009 kamen noch rund 600, zum „Semestergipfel“ höchstens 80. Die Gespräche führten zu nichts, war die Kritik vieler. Die Uni-Leitung setze nur das um, was sie ohnehin wolle. Die taz bremen hat BefürworterInnen und SkeptikerInnen eingeladen, in Gastkommentaren Position zu beziehen: Sollte man den Dialog eingehen, was kann er bringen – und was vielleicht auch nicht? THA

Das ist nicht verwunderlich: Es gibt keine Möglichkeit für Studierende, an der Uni direkten Einfluss zu nehmen. Kooperation mit der Leitung mag an bestimmten Stellen Sinn ergeben. Man sollte aber am Ende nicht enttäuscht sein, wenn sich wieder nichts geändert hat.