premierenpartys

Grimmig guckt das Tier im Zoo

In der modernen Gesellschaft gibt es allerlei Merkwürdigkeiten: näselnde Fahrstühle, Wurst als Aufputschmittel, enthusiastische Keyboardklänge in Regionalzügen. Und weil selbst komische Dinge den Hierarchien unserer geordneten Welt nicht entkommen können, wird hier heute die Königin der menschlichen Merkwürdigkeit vorgestellt: die öffentliche Premierenparty.

Grundsätzlich ist die Premierenparty im Theater ja von enormer Wichtigkeit, ein zentrales Moment im Schaffensprozess sozusagen, wo durch Zuführen diverser Stimulanzien dafür gesorgt wird, dass die Premiere nicht zur Derniere wird. Eine Premierenparty ist nämlich nur dann gelungen, wenn man von dort praktisch nahtlos in die verflixte zweite Vorstellung wabert, ohne darüber nachzudenken, dass die ja immer die anstrengendste ist und das Publikum das blödeste. Hat man bei der Party am Abend vorher schließlich oft genug erzählt.

Öffentliche Premierenpartys hingegen haben mehr den Charme eines Streichelzoos, live mitzuerleben zum Beispiel in der Schaubühne am Lehniner Platz. Wie funktioniert’s? Man stellt eine Anlage in das Foyer, besetzt die Rolle des DJs mit einem der ohnehin Mitwirkenden und lässt dann das Fußvolk auf die Schauspieler los. Wer jetzt denkt, alle Unbeteiligten würden nur gucken und sich schüchtern heranpirschen, hat das Wörtchen Zoo unterschätzt, das im Grunde immer auch ein bisschen Show meint: erster Auftritt, in sich gekehrt, grimmiger Blick. War das nicht der … der … ja, wer war das eigentlich? Der hat doch sicher mitgespielt, so wie der guckt. Oder? Problem: Jeder deiner Nachbarn könnte ein Schauspieler sein, denn alle auf der Party sind fast im gleichen Alter, ähnlich angezogen und verhalten sich irgendwie merkwürdig. Und feiern in ihren Rollen nicht zusammen, sondern aneinander vorbei. Irgendwie schade.

MARIELLE STERRA