Die fünf Marionetten gehorchten sofort

FORZA ITALIA Kurz bevor der Parteichef seine Strafe wegen Steuerbetrugs antreten muss, beschert er dem Land noch schnell eine Krise

ROM taz | 77 Jahre alt wurde Silvio Berlusconi am Sonntag, und das schönste Geburtstagsgeschenk machte er sich gleich selber: Er bescherte sich – und Italien – die Regierungskrise.

Das gibt es momentan wohl in keiner anderen westlichen Demokratie: Ein gerade rechtskräftig wegen Steuerbetrugs Verurteilter, der in wenigen Tagen seine Strafe antreten muss (ein Jahr Hausarrest oder Sozialstunden), macht nicht bloß als Parteichef einfach weiter. Er beschließt auch ganz allein den Rückzug seiner Partei aus der Regierung – als wütende Reaktion auf seine Verurteilung und den nun anstehenden Mandatsverlust.

Wieder einmal machte der Autokrat alles selbst: Kein Parteivorstand verfügte den Rücktritt der Berlusconi-Minister, keine Fraktionssitzung segnete ihn ab. Selbst die betroffenen Minister wurden an den Beratungen ebenso wenig beteiligt wie die Fraktionsvorsitzenden in Abgeordnetenhaus und Senat.

In seine Villa vor den Toren Mailands hatte Berlusconi sich zurückgezogen, zu einem Gespräch mit drei Getreuen – unter ihnen natürlich sein wichtigster Strafverteidiger, Niccolò Ghedini. Und es war wohl Ghedini, der den Anstoß gab. Berlusconi drohe die baldige Verhaftung in anderen Verfahren, wegen Abgeordnetenbestechung und anderen Petitessen, warnte der Anwalt. Daraufhin setzte Berlusconi in wenigen Minuten ein Kommuniqué auf, mit der „Einladung“ an seine Minister, „sofort ihren Rücktritt einzureichen“. Die fünf Marionetten gehorchten sofort; ihr mauer Protest gegen das würdelose Verfahren reduzierte sich darauf, dass sie ihrerseits jenes Kommuniqué nicht gegenzeichnen mochten.

So geht es seit 20 Jahren, so soll es auch in Zukunft weitergehen: Seit Berlusconi Anfang 1994 Forza Italia aus der Taufe hob, führte er den Laden wie eine seiner Firmen, und nicht einmal der Anschein innerer Demokratie war da gefragt – er hätte den Kult um Silvio ja nur beeinträchtigt. Auch in den Zeiten seines drohenden Untergangs will Berlusconi am bewährten Verfahren festhalten.

Er selbst kann bei den nächsten Wahlen nicht mehr antreten, doch den Beschluss, wer unter ihm als Spitzenkandidat ins Rennen geht, behält er sich vor. Und am liebsten wäre ihm wohl die nordkoreanische Lösung, mit Tochter Marina als Frontfrau der Rechten. MICHAEL BRAUN