Cham wehrt sich gegen NPD

Neonazis wollen im Bayerischen Wald ein Veranstaltungs- und Schulungszentrum einrichten. Die Stadt prüft, wie sie den Verkauf der Immobilie noch verhindern kann

CHAM taz ■ Die NPD kauft mal wieder in der Provinz ein: In der Oberpfälzer Kreisstadt Cham, unweit der tschechischen Grenze, will sie ein landesweites Veranstaltungs- und Schulungszentrum aufziehen. Schon im Sommer soll ein „Bayerntag“ für braunen Auftrieb auf dem Gelände sorgen.

Käufer des Gebäudekomplexes, der früher eine Disko und einen Verbrauchermarkt beherbergte, ist der Würzburger NPD-Chef Uwe Meenen. Der Rechtsextremist hat Erfahrung mit braunen Immobiliengeschäften. Erst im letzten Jahr hatte er für die Bayern-NPD in Grafenwöhr eine Tennishalle gekauft, um dort ein landesweites Parteizentrum aufzubauen. Meenen musste jedoch einen Rückschlag hinnehmen. Die Stadt Grafenwöhr nahm ihr Vorverkaufsrecht wahr und erwarb die Halle selbst für eine halbe Million Euro.

Wie viel Meenen für die Anlage in Cham bezahlen soll, die derzeit einem Immobilienbesitzer aus Schwandorf gehört, ist unbekannt. Ein Gutachten schätzte den Wert auf 862.000 Euro. Es ist unklar, woher der NPD-Funktionär so viel Geld nehmen will. Vor einem Jahr hatte er beim Amtsgericht Würzburg ein monatliches Einkommen von 600 Euro angegeben, als er wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt worden war.

Mitte Juni soll auf dem Areal in Cham bereits der „NPD-Bayerntag“ steigen – mit 800 Besuchern, dem NPD-Bundeschef Udo Voigt als Stargast, landestypischem Bierzelt und Hüpfburg „für die Kleinen“. Die Kahlkopf-Klientel wird mit Bands wie „Hauptkampflinie“ oder „Burning Hate“ bedient. Längerfristig sollen in dem Gebäudeensemble laut dem NPD-Mann Meenen eine Kneipe und ein „Jugendkulturzentrum“ für die einschlägige Szene entstehen. Auch Parteitage und Schulungen für den Nachwuchs schweben dem Funktionär vor.

Stadt und Landkreis Cham beteuern, dass sie alles daransetzen wollen, den Immobilienverkauf zu verhindern. Von den Grünen bis zur CSU fürchtet man, bald in der gleichen Kategorie wie das bayerische Wunsiedel zu landen, dem die Nazi-Klientel einen Ruf als brauner Aufmarschplatz bescherte. Doch wie sie den Deal verhindern soll, weiß die Stadtverwaltung bisher nicht. „Wir müssen erst den Kaufvertrag prüfen, um Möglichkeiten zu finden, wo wir ansetzen können“, sagt die Verwaltungschefin Sigrid Stebe-Hoffmann.

Mit rechtsextremen Umtrieben hat die Stadt Erfahrung. Anfang des Jahres hatte die Neonazi-Truppe „Weiße Wölfe“ die leer stehende Disko gemietet und dort „Geburtstage“ gefeiert, die sich schnell als Rechtsrock-Konzerte mit Gästen aus ganz Bayern entpuppten. Anfang April marschierten die Rechtsextremen im Demonstrationszug durch die Stadt. Wenige Tage später schlugen vier jugendliche Neonazis am Chamer Bahnhof einen irakischen Asylbewerber zusammen. ULRICH WITTENBRINK