Flüchtlinge Willkommen

Am dritten Oktober organisieren antirassistische Initiativen eine Demonstration durch Hellersdorf – Sie wollen ein positives Signal für die hier lebenden Flüchtlinge setzen

2. Oktober: Film und Konzert

19 Uhr: „Can’t be silent“, ein Film über junge Musiker, die in verschiedenen Flüchtlingslagern leben und mit der Band „Strom und Wasser“ auf Tour sind. Ab 21 Uhr Hip-Hop-Konzert. Bunte Kuh, Bernkastelerstr. 78

3. Oktober: Antira-Demo

„Gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft – Gegen Rassismus“, Start: 15 Uhr, Cecilienplatz, Bhf. Kaulsdorf Nord

5. Oktober: Podiumsdiskussion „Rassistische Bürgerproteste – aufklären oder bekämpfen?“, 18.30 Uhr, Bunte Kuh, Bernkastelerstraße 78

Es ist still geworden um das Asylbewerberwohnheim in der Hellersdorfer Carola-Neher-Straße. Die zahlreichen Journalisten und ihre Kamerateams sind längst wieder abgefahren – es waren vor allem sie, die aus dem Randbezirk im Berliner Osten ein Symbol für ein bundespolitisches Thema gemacht haben. Zwischen Hitlergrüßen und Antifa-Trubel hatten mehr als 50 Flüchtlinge das Heim bezogen, inzwischen wohnen dort 182 Menschen. Was wäre in der Carola-Neher-Straße passiert, wenn antirassistischen Initiativen nicht die Öffentlichkeit auf den Plan gerufen hätten? Vielen Anwohnern wäre das lieber gewesen, aber wie weit wäre der rechte Protest gegangen? Auch wenn linke Aktivisten ihre Mahnwache und den Infostand in der Nähe des Heims inzwischen abgebaut haben, wollen sie das Feld nicht den Nazis überlassen. Am dritten Oktober rufen sie zu einer Demonstration gegen Rassismus auf.

Etwa 500 Menschen erwarten die Organisatoren zur Demonstration. Hinter dem Spruchband „Gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft – gegen Rassismus“ wollen sie um 15 Uhr vom Cecilienplatz aus durch Hellersdorf ziehen. Das „Soli Netzwerk Welcome Refugees“, ein Bündnis verschiedener Initiativen und Antifa-Gruppen, hat den Protest angemeldet. Mitorganisator Dirk Stegemann hat konkrete Forderungen an die Politik: „Mit der Demonstration wollen wir auf ein Problemfeld aufmerksam machen, das lange Zeit vom Senat ignoriert wurde“, sagt der Initiator. Der Protestzug solle keine klassische Antifa-Demonstration werden, die sich gegen Nazi-Strukturen in Deutschland richtet, sondern sei vielmehr als Willkommensmarsch für Flüchtlinge geplant.

„Wir wollen, dass bei Asylverfahren das Aufnahmerecht nach humanitären Gründen häufiger angewendet wird“, so Stegemann weiter. Er bezieht sich dabei auf Paragraf 23 des Aufenthaltsgesetzes, nach dem Landesbehörden auch in menschen- und völkerrechtlich brisanten Fällen die Aufenthaltserlaubnis aussprechen können. Auf diese Weise könnten auch Roma Asyl in Deutschland bekommen, die bisher meistens nach einem Schnellverfahren wieder abgeschoben werden.

Nicht alle Initiativen, die sich in Hellersdorf für die Flüchtlinge einsetzen wollen, kommen gut an. Eine antirassistische Mahnwache in der Nähe des Asylbewerberwohnheims stand lange in der Kritik: Einige Anwohner warfen den Aktivisten vor, zu laut zu sein. Asylsuchende fürchteten die schwarz gekleideten Autonomen zuerst. Inzwischen ist der Pavillon in der Carola-Neher-Straße abgebaut, die Demonstranten verhandeln mit dem Bezirk um ein Ladenlokal im Kiez, wo sie einen Info-Point einrichten wollen. „Wenn nicht gleich wieder versucht wird, unter anderem wahltaktisch motiviert, unser Engagement zu diskreditieren, dann können wir etwas erreichen. Schweigen und Wegsehen hilft eben gerade nicht“, sagt Stegemann.

Auch andere Initiativen engagieren sich in dem Flüchtlingsheim: In der nahe gelegenen Volkshochschule soll es kostenlose Deutschkurse für Flüchtlinge geben. Und am vergangenen Mittwoch waren im Stadtteilzentrum Kompass etwa 80 Freiwillige zu einer Konferenz zusammengekommen, um darüber zu beraten, wie sie helfen können. „Das ist gelebte nachbarschaftliche Solidarität, die auch deutlich über die Carola-Neher-Straße hinausgeht und Marzahn-Hellersdorf als toleranten und lebenswerten Ort der Vielfalt repräsentiert“, sagt die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke).

Den Aktivisten vom Demo-Bündnis ist das trotzdem noch zu wenig. „Mit der Demonstration wollen wir ein positives Signal für die hier lebenden Flüchtlinge setzen“, so Robert Hüttig vom Antirassistischen Infoportal Hellersdorf. Dabei hätten sie sich bewusst für den Tag der Deutschen Einheit entschieden, damit die Symbolwirkung größer sei. „Bei der Aktion sind auch Bürger dabei, die schon seit längerem aktiv im Flüchtlingsheim helfen“, so Hüttig weiter. Die Demonstration ist eine von vier Veranstaltungen, die in der ersten Oktoberwoche stattfinden. Neben zwei Hip-Hop-Jams gibt es am fünften Oktober um 18:30 Uhr eine Diskussion zum Thema „Rassistische Bürgerproteste – aufklären oder bekämpfen?“ Auf dem Podium sprechen vier Aktivisten, unter anderem aus Duisburg und Rostock über den Umgang mit Anwohnerprotesten bei Asylfragen.

Cem Güler