Kunstrundgang
: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Marc Brandenburg: TILT. Bis 26. April, Di-Sa 10–13 und 14–18 Uhr, Galerie Crone, Kochstr. 60

Der Hund kommt in Moskau herum, als gewiefter U-Bahn-Nutzer, der Wagen und Strecken mit der größten Selbstverständlichkeit wechselt. Anzunehmen, dass er hier lebt; nur wie schafft er das? Keiner der Passagiere beachtet ihn, niemand gibt ihm etwas zu fressen. Ist dieser zähe und genügsame Hund eigentlich ein Mädchen? „Moscow Girls“ hat Melanie Manchot ihre Ausstellung im Haus am Waldsee betitelt, wo sie ihm mit dem kurzen Video „Metro Dog“ ein kleines Denkmal setzt. Gehört sein Untergrundleben zu den Lebensberichten jener Mädchen, von denen wir per Kopfhörer erfahren, während wir ihre Porträts an den Wänden studieren? Könnte durchaus sein. Die Mädchen bleiben so anonym wie der U-Bahn-Hund, ihre Geschichten, die von einem ähnlichen Überlebenswillen unter ähnlich ungünstigen Bedingungen berichten, sind ihnen nicht persönlich zugeordnet.

Melanie Manchot wechselt in ihren Arbeiten zwischen der direkten Beobachtung und ihrer Wiederholung, auch anhand von Zitaten aus dem Fundus der Alltagsfotografie. Nicht immer ist die Perspektive trennscharf. So bat sie einige Türsteher auf Ibiza, sich am helllichten Tag vor ihrer Diskothek auszuziehen. Der Vorschlag ist neu und überraschend. Obwohl Setting und Aktion weit von der nächtlichen TV-Sex-Werbung entfernt sind, ist das Video doch mit diesen Bildern kontaminiert: weil die Typen körperlich genauso gestylt und aufgepumpt sind wie die heißen Miezen.

Melanie Manchot: Moscow Girls. Bis 28. Mai, Mo–So 10–18 Uhr, Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30

Von Marc Brandenburgs Negativen lassen sich bekanntlich keine Abzüge machen: Es sind ja Zeichnungen, deren Motive ebenfalls aus der Alltagsfotografie stammen, eher der privaten allerdings als der öffentlichen. Spannend ist die Ausstellung bei Crone durch neue Motive, große Formate, ausufernde Montagen und den Camp der kleinen weißen Boxen für einzelne Motive.