Sarah BSC

Haben Hertha-Fans Mitleid verdient? Nein!

VON SARAH SCHMIDT

Früher, also vor und auch noch während der ersten Hälfte der laufenden Saison, wurde man als Hertha-Anhänger mit Hohn und Spott, zumindest aber mit milder Ignoranz bedacht. Jetzt ist das anders. Ganz anders. Seit Wochen hagelt es Mitgefühl. Mitleid sogar. Das ist schlimm.

Man kommt sich ein wenig vor, als hätte man eine hoffnungslose, gar tödliche Krankheit. Viele Bekannte, die sich sonst nicht zu schade für einen schlechten Hertha-Witz sind, schweigen nun. Fußball wird im Gespräch so vorsichtig vermieden, wie man es sonst nur von den Themen Krankheit, Trennung und Tod kennt. Sogar der befreundete Holländer, ein fast fanatischer Fußballfreund, hat sich verändert. Egal, ob Hertha früher gewonnen oder verloren hatte – er hatte eine Gemeinheit auf den Lippen. Manchmal muss er die ganze Nacht darüber nachgedacht haben, was er mir als Fan an den Kopf werfen könnte, so ausgefeilt waren seine Gehässigkeiten zu Hertha-Spielern, zu dem Präsidium, dem Trainer.

Und jetzt? Kommt er mir entgegen und trägt schon so einen salbungsvollen Blick. Und dann sagt er etwas wie: „Das war wirklich Schiebung“, oder: „Diese Linienrichter müssen verboten sein“, oder: „Das kann kein Zufall mehr sein, wie Hertha um seine Punkte betrogen wird“.

Er hat ja recht, natürlich, ich sehe das im Großen und Ganzen genauso. Dann legt er seinen Arm um meine Schultern und schubbert ein bisschen tröstend über meinen Pullover. Und das ist einfach zu viel. Wir haben es doch so schon schwer genug, da braucht es nicht noch mitleidige Worte, Blicke, Gesten. Damit kann der gemeine Hertha-Fan, zu dem ich auch mich zähle, nämlich überhaupt nicht umgehen. Das sind wir nicht gewohnt.

Darum lautet meine Bitte für die letzten Erste-Liga-Wochen, die noch vor uns liegen: Beleidigt uns! Seid gemein! Lacht uns aus! Seid wie früher! Alles – nur nicht auch noch Mitleid. Danke.