Berlin schaltet Ökostrom ab

Ab dem kommenden Jahr wird wieder Vattenfall das Land Berlin mit Strom versorgen. Der bisherige Ökostromlieferant Lichtblick unterliegt bei der Neuausschreibung. Atomstrom kommt nicht ins Netz

von CHRISTIAN HONNENS

Die Berliner Straßen, Schulen und Verwaltungsgebäude werden ab 2007 kaum noch mit Ökostrom versorgt. Denn im kommenden Jahr wird das Land Berlin seinen Strom ausschließlich von Vattenfall Europe beziehen. Das ist das Ergebnis einer europaweiten Ausschreibung, das gestern bekannt wurde.

Aktuell bezieht das Land fast ein Drittel seines Stroms aus regenerativen Energieformen wie Sonne, Wasser und Wind. Die liefert im Wesentlichen der Ökostromanbieter Lichtblick, der neben einem belgischen Anbieter bei der Ausschreibung für die Jahre 2005 und 2006 zum Zuge gekommen war.

Bei der Neuausschreibung fiel Lichtblick jedoch durch. „Für den Strommix machen wir hauptsächlich eine Vorgabe: Laut Parlamentsbeschluss darf es kein Atomstrom sein“, sagt Matthias Kolbeck von der Senatsfinanzverwaltung. Die gesamte Strommenge wurde in acht Teile geteilt und jeder einzeln an den jeweils günstigsten Anbieter vergeben. In allen Fällen hat Vattenfall Europe Berlin – Nachfolger der ehemals landeseigenen Bewag – den Zuschlag erhalten. Neben dem Atomverbot war Bedingung, dass die Herkunft des Stroms offen gelegt wird: Der Konzern liefert Energie, die überwiegend aus Berliner Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen stammt. Dort werden mit Kohle und Gas Energieträger eingesetzt, deren Verbrennungsrückstände den weltweiten Klimawandel fördern. Nach Konzernangaben wird bei der Umwandlung in Strom immerhin ein Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent erreicht. „Das ist so umweltfreundlich, dass man zumindest von hellgrünem Strom sprechen kann“, sagt Vattenfall-Sprecherin Barbara Meifert.

Nur ein geringer Anteil des Stroms wird aus regenerativen Quellen gewonnen. Vattenfall hält sich dabei an die gesetzlichen Mindestvorgaben: Laut Erneuerbarem-Energien-Gesetz (EEG) müssen alle Stromanbieter etwa 10 Prozent der gelieferten Menge ökologisch hergestellt werden.

Die Stromkosten für das Land Berlin werden trotz der neuen Vergabe steigen: Zwar ist mit Vattenfall der günstigste der insgesamt 19 Interessenten ausgewählt worden. Allerdings ist der Strompreis seit der Ausschreibung 2004 allgemein stark gestiegen. Daher werden sich die Energiekosten des Landes 2007 voraussichtlich auf etwa 122 Millionen Euro verdoppeln. 2006 werden nur rund 68 Millionen Euro fällig.

Die Zeche für den trotzdem noch relativ günstigen Landesstrom müssen möglicherweise die Berliner zahlen. „Das Land kann sich freuen, und die Berliner Vattenfall-Kunden müssen das bezahlen“, sagt Gero Lücking, Sprecher des unterlegenen Stromlieferanten Lichtblick. Er gehe nicht davon aus, dass das Land einen echten Marktpreis bezahlen werde. Daher würden die Dumpingpreise auf die Berliner Privatkunden umgelegt.

Das Land Berlin bezieht nach eigenen Angaben über 900 Gigawattstunden Strom jährlich – das entspricht dem Verbrauch von 400.000 Privathaushalten.