Die tazlab-Häppchen

SPLITTER Am Rande des Bildungskongresses

„Über Wut“ stand groß über dem Haupteinang des taz-Labors am Samstag. Das war zwar nur das Thema einer Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt, passte aber auch ganz gut ins taz-Labor: Dort diskutierten viele aufgebrachte Studierende scharf mit Annette Schavan und kritisierten ihr selektives Stipendienprogramm. Die Bildungsministerin konnte die Studierenden zwar nicht inhaltlich überzeugen, charmierte dafür aber auf rheinische Art mit auffällig lockerem Slang. Ihre Antwort auf eine Kritik an der sozialen Selektion des Stipendienmodells: „Da gibbet irgendwelche Überschriften, die nicht passen.“

Die Lockerungsübung hat gefruchtet: Als die Ministerin abends noch entspannt im Café Global beim Wein munter mit allen parlierte, die sich neben sie setzten, waren die vorher heiß gekochten Studierendenseelen plötzlich nur noch in lauwarmer Plauderstimmung.

Nur der Freiburger Obama-Student Lukas Bischof, der mit dem Konzept des „Community Organizing“ an seiner Universität den Bachelor verbessern will, war nach dem Plausch mit der Ministerin sichtlich irritiert. „Sie hat mich gebeten, ihr meine Konzepte zu schicken. Ist das jetzt positiv oder negativ?“

Für Irritationen hatte zuvor der Kommunikationsguerillero und Protestaktivist Jean Peters in seinem Podium zu intelligenten Protestformen von morgen gesorgt: Er empfahl, Studierendenproteste künftig effektiver auszurichten: „Wer keine Zeit mehr hat, selbst zu protestieren, sollte sich dafür Praktikanten einstellen. Die qualifizieren sich bei der Protestorga in Networking, strategischer Planung und Kommunikation – und können leicht mit einem Praktikumszeugnis befriedigt werden.“ Ein Gast bewarb sich gleich beim satirischen Dieter-Lenzen-Fanclub, dessen „Vorsitzender“ Peters ist, als Praktikant. Fast ein bisschen unheimlich, wie ihn die ZuhörerInnen nach seinem Vortrag anhimmelten.

Das war dagegen bei Ute Freverts Abschlussvortrag nicht der Fall. Nach einem Tag, der sich immer wieder um neue Bildungsformate und Wissen von unten gedreht hat, fand ihr von der Kanzel gehaltener Abschlussvortrag bei so einigen Studierenden wenig Gegenliebe.

Immerhin war sie aber nicht die Besitzerin der Luxuslimousine, die draußen vor der Tür stand. Lange rätselten viele tazlab-BesucherInnen, welcher Laborgast sich diesen Schlitten leisten kann. Die Antwort ist beruhigend: Keiner. Der Maybach gehörte einem Vertreter eines Pharmakonzerns, der – nicht wegen der taz – in der Nähe war.

Ohne eigenes Auto war DJane Bossa Nova alias taz-Chefredakteurin Ines Pohl angereist. Sie befeuerte nachts beim Academy Club zum Abschluss des taz-Labors die revolutionäre Tanzgarde mit Rage Against the Machine – und stellte mit geballten Fäusten am DJ-Pult anschaulich unter Beweis, dass nach einem ganzen Tag voll produktiver Gespräche auch am Abend noch genügend Wut vorhanden war. MK