„Ein Anschlag kostet viel Geld“

Der israelische Palästinenser-Experte Mosche Elad hält Morde an Hamas-Führern unter Umständen für legitim

taz: Israel hat erwogen, die Regierung Palästinas zum Feind zu erklären. Das bedeutet?

Mosche Elad: Die palästinensische Führung wäre prinzipiell Ziel für präventive Exekutionen, sobald klar ist, dass es eine direkte Verbindung gibt zwischen dem, was sie tun oder nicht tun, und dem Terror. Wenn Ministerpräsident Hanije oder Außenminister Sahar hinter einem konkreten Anschlag steckt, dann muss er mit unserer Reaktion rechnen. Ihre politische Position bedeutet keine Immunität mehr.

Das ist doch aber nicht neu?

Das hat es so bislang nicht gegeben, jedenfalls nicht hinsichtlich der palästinensischen Regierung. Die Erwartung vieler war, dass die Hamas nun, da sie Regierungsverantwortung trägt, dem Terror abschwört. Sie ging aber nur einen winzigen Schritt, indem sie den Anschlag nicht mehr bejubelte, sondern ihn nur noch als legitime Verteidigung bezeichnete. Sie hat den Anschlag nicht verurteilt.

Der erhoffte Richtungswechsel war übertrieben?

Es gibt drei Perspektiven. Die erste ist, dass die Hamas tatsächlich einen neuen Weg einschlagen wird, was ich für unwahrscheinlich halte, die zweite ist, dass sie so weitermacht wie bisher, allerdings mit finanzieller Hilfe vonseiten des Iran oder Saudi-Arabiens. Die dritte ist ein Putsch. Die Sicherheitsdienste, gestützt von der frustrierten Öffentlichkeit, übernehmen dann das Kommando.

Müsste das nicht sehr schnell passieren?

Ja, solange die Sicherheitsdienste noch von Fatah-Leuten kommandiert werden. Es gibt noch eine vierte Möglichkeit: ein Diadochen-System, bei dem es verschiedene Bezirke gibt, die verschiedenen parteiübergreifenden Truppen unterstehen.

Welche Rolle spielt Irans Finanzhilfe bei den Anschlägen?

Ein Anschlag kostet viel Geld. Der Islamische Dschihad ist so organisiert, dass die Aktivisten sich untereinander kaum kennen, das heißt, dass die Kette, die vom Einkauf des Sprengstoffs bis hin zum Anschlag führt, länger wird und dass Vermittler bezahlt werden müssen. Das iranische Geld fließt jetzt schon nach Nablus, nach Dschenin und Ramallah. Dafür gibt es konkrete Beweise.

Welche militärische Maßnahme halten Sie für sinnvoll?

Der Islamische Dschihad ist organisatorisch der al-Qaida sehr ähnlich. Es gibt weder Hauptquartiere noch offizielle Kommandanten, das macht es schwer. Israel sind die Aktivisten weitgehend bekannt. Es sind nur ein paar hundert, der Islamische Dschihad ist klein. Ich würde von Haus zu Haus gehen und einen nach dem anderen verhaften. Das bedeutete eine Operation, die 24 Stunden täglich über Wochen, vielleicht Monate gehen würde. Hier mal einen Kommandanten exekutieren, dort mal einen – das nützt nichts. INTERVIEW: SK