Bürokraten gegen Bürokratie

Jeden Tag eine gute Tat, jeden Monat eine Landesbehörde abschaffen: Schwarz-Gelb fordert die Landesministerien auf, Vorschläge zum Bürokratieabbau in Nordrhein-Westfalen zu machen

VON MARTIN TEIGELER

Für den Bürokratieabbau spannt Schwarz-Gelb jetzt alle Bürokraten in NRW ein. In der jüngsten Kabinettssitzung hat die CDU/FDP-Regierung von der Landesverwaltung Reformvorschläge gefordert. Das Kabinett habe „alle Ministerien verpflichtet, mitzuteilen, welche bislang vom Land wahrgenommenen Aufgaben entfallen beziehungsweise auf Private übertragen werden können“, heißt es in einer Mitteilung des Innenministeriums.

Kommende Woche wird die Bürokratieabbau-Projektregion Ostwestfalen-Lippe zudem ihre neuen Vorschläge offiziell an Innenstaatssekretär Manfred Palmen (CDU) übergeben. Das Modellprojekt war vor einigen Jahren vom damaligen SPD-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement angeleiert worden. Einige der Ideen aus der Sonderzone Ostwestfalen dürften der schwarz-gelben Koalition gefallen: etwa die Auflösung von Sonderbehörden der Umweltverwaltung in NRW. Bei einer Umsetzung der entsprechenden Vorschläge sei von einem Einsparvolumen von 15 bis 20 Prozent der bisherigen Kosten auszugehen, heißt es.

Die Verschlankung und Modernisierung der Landesverwaltung ist das erklärte Ziel von CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. „Wir haben jeden Monat eine Behörde oder Vorschrift aufgelöst. Das wollen wir fortführen“, sagte der Regierungschef unlängst in einem Zeitungsinterview. Dies bedeute 2.520 Stellen im Haushalt 2006 weniger. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di sieht darin nur den Anfang eines radikalen Abbauprogramms. „Insgesamt sind zehn Prozent der Stellen bedroht“, sagt Fachbereichsleiter Gregor Falkenhain. Nach verschiedenen Schätzungen könnten in den nächsten Jahren bis zu 40.000 Stellen in der Landesverwaltung wegfallen.

„Bis jetzt sind die Beschäftigten verschont geblieben“, sagt Falkenhain. Ein Beispiel: Die Landesregierung hat die Amtliche Prüfstelle für Feuerlöschgeräte und Feuerlöschmittel in Telgte Ende 2005 geschlossen. Das vorhandene Personal der Prüfstelle wird in anderen Behörden weiterbeschäftigt. Neun Stellen fallen künftig weg, entlassen wurde aber niemand. „Wir wollen, dass dieser sozialverträgliche Weg weiterverfolgt wird“, sagt Falkenhain.

Das aber ist fraglich, da die Regierung das Tempo bei der Auflösung von Behörden erhöht. Ebenfalls bei der letzten Kabinettssitzung wurde die avisierte Neustrukturierung der fünf Bezirksregierungen in drei Regionalverwaltungen besprochen. Und von der CDU-Basis kommen neue Vorschläge, welche Gesetze und Behörden eingemottet werden sollen. Unter dem Motto „NRW entrümpeln“ sammelt die Nachwuchsorganisation der CDU-Arbeitnehmer (CDA) derzeit im Internet Ideen. Auf der Streichliste: Landesjugendämter und die Beihilfen für die NRW-Bediensteten. CDA-Nachwuchschef Dennis Radtke betont, man wolle „nicht den öffentlichen Dienst abschaffen“, sondern seine Strukturen effizienter gestalten. Das sähen die allermeisten Bürger so: „Die Leute in NRW haben ja mittlerweile Angst, mehr als einen Teller Erbsensuppe zu essen, aus Sorge, sie würden danach gegen das Immissionsschutzgesetz verstoßen.“