Eier platt, Hühner tot

In Niedersachsen werden nach dem Nikotin-Fund in Eiern knapp zwei Millionen Hühner und über 20 Millionen Eier vernichtet. Für den Menschen aber seien die Nikotineier nach wie vor nicht gesundheitsschädlich, sagen die Behörden

Für die Verbraucher ist aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung alles im grünen Bereich: Zwar wurde Nikotin in niedersächsischen Eiern nachgewiesen, eine Gesundheitsgefährdung für die Menschen bestehe aber nicht. Bis zu 7,6 Nanogramm Nikotin pro Gramm hat man in den Eiern aus Betrieben der Deutschen Frühstücksei GmbH in Neuenkirchen festgestellt, aber erst ab 300 Nanogramm würden die Risikobewerter Alarm schlagen.

Nach wie vor werden in Niedersachsen Proben untersucht und bislang gilt: „Der Wert 7,6 Nanogramm wurde nicht getoppt“, so Angelika Coenen, Veterinärmedizinerin im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. Bis zu 19,7 Nanogramm habe man in der Muskulatur der Tiere gefunden, deutlich höher könne die Belastung der Federn der Hühner sein. „Das ist aber nicht alarmierend – die Tiere kommen nicht in den Handel“, so Coenen.

Ob überhaupt belastete Eier verkauft oder weiterverarbeitet wurden, könne man nicht abschätzen, so ein Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums. Die Grünen im Bundestag vermuten, dass mehr als 100 Millionen belasteter Eier in den Handel gelangt sind. Und die niedersächsische Verbraucherzentrale hat mittlerweile auf ihrer Website die Codes von belasteten Eiern veröffentlicht – die Angaben stammen von der Gütegemeinschaft Eier GmbH, nachdem man vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium keine Informationen zur Identifizierung der Eier erhalten habe.

Anders als bei Nachtschattengewächsen wie Paprika, Kartoffeln und Tomaten gilt für Eier der Nullgrenzwert für Nikotin. Also ist man in Niedersachsen dabei, die Eier aus den betroffenen Farmen aus dem Verkehr zu ziehen: Täglich werden derzeit 1,5 Millionen Eier vernichtet, seit dem Nikotin-Fund Ende März sind insgesamt mehr als 20 Millionen Eier entsorgt worden. Acht von 18 Betrieben der Deutschen Frühstücksei GmbH sind momentan gesperrt. Die mit Nikotin verseuchten Tiere werden getötet – am Ende werden knapp zwei Millionen Hühner in den Tierkörperbeseitigungsanlagen gelandet sein.

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt nach wie vor gegen das Unternehmen wegen Verstoßes gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetz und das Arzneimittelgesetz. Das Nikotin wurde offenbar zur Desinfektion der Ställe eingesetzt – was in Deutschland auch erlaubt ist, allerdings nur unter der Bedingung, dass keine Tiere mehr im Stall sind. Die Deutsche Frühstücksei GmbH spricht von Sabotage: Alle Desinfektionsmaßnahmen würden von einem Fremdunternehmen vorgenommen. Die Staatsanwaltschaft dagegen hält einen Sabotageakt als Ursache für abwegig: „Wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür“, so Sprecher Bernard Südbeck.

Neue Erkenntnisse im Ermittlungsverfahren gebe es derzeit nicht, sagt der leitende Oberstaatsanwalt Roland Herrmann. „Das Problem ist: Wer war dafür verantwortlich? Unsere Zielrichtung ist, eine Einzelperson zu finden. Und am Ende will es keiner gewesen sein.“ Klaus Irler