Tranige Nebenjobber

Der FC Schalke 04 will sich gegen den FC Sevilla ins Finale des Uefa-Cups spielen und damit eine verkorkste Saison retten. Kevin Kuranyi und der Brasilianer Lincoln dürfen voraussichtlich nicht mitmachen

AUS GELSENKIRCHENANDREAS MORBACH

Als Mirko Slomka am vergangenen Samstag ein paar Worte über den nächsten Gegner verlieren sollte, war die Aufgabe schnell erledigt. Sportpolitisch korrekt sprach er den Fußballern vom 1. FC Köln, die sich hinter seinem Rücken gerade warm machten, seinen „großen Respekt“ aus. Damit war es dann auch gut. Unaufgefordert wandte sich der Schalker Trainer dem übernächsten Spiel zu und formulierte deshalb rasch noch das Tagesziel: „Wir wollen uns mit einer guten Leistung auf die Partie am Donnerstag einstimmen, auf die wir uns schon sehr freuen.“

Die Partie am heutigen Donnerstag (ZDF, 20.30 Uhr), das ist das erste Duell gegen den FC Sevilla um den Einzug ins Uefa-Pokal-Finale. Weil aber die gedachte Generalprobe gegen Köln aus Schalker Sicht ein einziger Reinfall war, ist das mit dem Einstimmen auf die Spanier einigermaßen schwierig geworden. Immerhin sind sie in Gelsenkirchen nach fünf sieglosen Spielen in der Liga einsichtig geworden und haben ihr Ziel, das erneute Erreichen der Champions League, in den Wind geschrieben. Im Vordergrund steht nun der Gewinn des Uefa-Cups. „Das wäre“, ahnt Verteidiger Mladen Krstajic, „zum Saisonende eine große Feier für unsere Fans.“

Vom brachialen Zauber des Jahres 1997, als ein verschworener, kampfeslustiger Schalker Haufen diesen Wettbewerb zum ersten Mal gewann, ist ein knappes Jahrzehnt danach allerdings nur noch sehr wenig zu spüren. Wie schon im Vorjahr, als sie mit Dauerniederlagen fast noch ihre Champions-League-Teilnahme verspielt hätten, plagt die Blau-Weißen diesmal eine unerklärliche Frühjahrsmüdigkeit. Der verlängerte Winterschlaf führte unter anderem zu tranigen Remis-Spielen gegen die Abstiegskandidaten Wolfsburg, Duisburg und Köln. Und zu einem aktuellen Statement von Krstajic, der stellvertretend für alle erklärt: „Mit diesem Jahr bin ich nicht zufrieden.“

Die Ansprüche auf Schalke sind seit dem Jahr 1997 deutlich gestiegen. Im alten Parkstadion wurde noch jedes gewonnene Laufduell eines Mike Büskens, jede gelungene Grätsche eines Yves Eigenrauch frenetisch bejubelt. Jetzt pfeifen die Zuschauer formsuchende Stars wie Kevin Kuranyi oder Lincoln gnadenlos vom Platz, so wie zuletzt beim 1:1 gegen Köln. Beim dem kleinen Brasilianer verliert sogar der friedliebende Mirko Slomka langsam die Geduld. Am Samstag holte er Lincoln nach 57 Minuten gemeinsam mit Kuranyi vom Platz; die Freistöße seines Spielmachers bezeichnete er später als „kläglich“. Und weil der Brasilianer parallel zum sportlichen Durchhänger dem Trainer bei seiner Auswechslung auch noch den üblichen Handschlag verweigerte, war klar: „Demnächst werden wir unter vier Augen miteinander sprechen.“

Wütend ist das Volk vor allem darüber, dass die Spieler die Arbeit in der Liga in den letzten Wochen als eine Art Nebenjob interpretierten. In der Champions League und im Uefa-Cup stellten die Schalker ihre Klasse bis auf wenige Ausnahmen unter Beweis, für den Alltag reichte die Fußballlust dann aber häufig nicht mehr aus. „Leider waren wir national nicht so konstant wie international“, sagt Abwehrmann Krstajic, während der Kollege Lewan Kobiaschwili das Thema offensiver angeht: „Für mich ist der Europapokal das Allergrößte“, erklärt der Georgier, der in der laufenden Saison in der Champions League wie im Uefa-Cup schon einige großartige Spiele gezeigt hat. Und das hat einen einfachen Grund: „Im Europapokal weiß man nie, wie lange man noch dabei ist. Da macht einen jede weitere Runde stolz.“

Die Bundesliga dagegen läuft so lala. „Die ist selbstverständlich auch sehr wichtig, aber zwangsläufig auch Alltag“, sagt Kobiaschwili. Und so wollen sie jetzt in den beiden Spielen gegen Sevilla einiges wieder gutmachen. „Mit dem Uefa-Cup-Sieg können wir diese Saison noch abfangen“, glaubt Finanzchef Josef Schnusenberg – und auch Trainer Mirko Slomka hat sich für das Hinspiel gegen den Tabellensechsten der Primera Division ein paar Gedanken gemacht. Zentrale Erkenntnis: Die zuletzt indisponierten Herren Lincoln und Kuranyi können die Schalke-Fans zunächst einmal nicht auspfeifen, die beiden beginnen die Partie nämlich auf der Ersatzbank. Denn, so erklärt Slomka seine Maßnahme: Es gehe um Schalke.