Kongos Wahlen stehen in den Sternen

Die historischen freien Wahlen im Kongo finden nicht im Juni statt, sondern frühestens Ende Juli oder sogar im September. Damit ist auch der Zeitpunkt des geplanten Bundeswehreinsatzes unklar. Sicher scheint: Erst nach der Fußball-WM geht es los

VON FRANÇOIS MISSER
UND DOMINIC JOHNSON

Die EU-Truppe zur Absicherung der geplanten Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo kann warten. UN-Kreise in Kongos Hauptstadt Kinshasa bestätigten der taz gestern, dass die Wahlkommission des Landes nicht mehr an diesem Tag einen verbindlichen Wahltermin verkünden würde. Der letzte Wahltermin, der 18. Juni, war Ende März abgesagt worden. Für gestern hatte die Wahlkommission einen neuen versprochen. Da es die ersten freien Wahlen im Kongo seit über 40 Jahren wären und damit die amtierende Allparteienregierung von Warlords durch eine reguläre Administration ersetzt werden soll, sehnen die 60 Millionen Kongolesen den Wahltermin sehnlichst herbei.

Nun bringen Beobachter in Kinshasa inoffiziell den 23. Juli als frühestmöglichen Wahltermin ins Gespräch. Sogar Anfang September oder noch später wird nicht ausgeschlossen. Manche ständigen internationalen Wahlbeobachter im Land haben ihre Kongo-Verträge bereits bis Jahresende verlängert.

Dies hat direkte Auswirkungen auf die Planungen zur Entsendung von Bundeswehrsoldaten in den Kongo. Die EU will eine Woche vor den Wahlen rund 450 Soldaten als Vorhut einer 1.500 Mann starken Eingreiftruppe nach Kinshasa schicken, um die Wahlen abzusichern. Deutschland wird ein Drittel dieser Truppe stellen, die insgesamt vier Monate bleiben soll. Eine Wahlverschiebung hat für die Bundeswehr Vorteile: Die Truppe braucht erst nach dem Endspiel der Fußballweltmeisterschaft am 9. Juli nach Afrika aufzubrechen, womit die Notwendigkeit des Transports teurer TV-Satellitenübertragungsanlagen entfallen dürfte. Allerdings sollen die Bundeswehrsoldaten auch möglichst vor Weihnachten wieder zu Hause sein – was bei einem Wahltermin im September nicht mehr gewährleistet wäre.

Diese Erwägungen stehen allerdings nicht im Mittelpunkt der Wahlvorbereitung. Der unmittelbare Grund für die aktuelle Verzögerung ist, dass die Bestätigung der Kandidaten durch die Wahlkommission noch nicht abgeschlossen werden konnte. Die endgültige Liste der 33 Präsidentschaftskandidaten steht seit Ostern fest. Aber bei den Parlamentswahlen ist die Wahlkommission noch nicht fertig. Am Ostermontag veröffentlichte sie eine erste provisorische Liste von 9.587 Kandidaten für die 500 Parlamentssitze. 312 Kandidaten wies sie zurück. Zur Behandlung von Einsprüchen oder die Nachzahlung der Kandidatengebühr von je 250 US-Dollar ist nun eine Frist bis 27. April gesetzt.

Zu diesen technischen Verzögerungen kommen finanzielle Probleme. Kongos Regierung hat aus unerfindlichen Gründen nicht genug Geld bereitgestellt, um ihren ohnehin geringen Anteil des ansonsten vom Ausland finanzierten Wahlprozesses zu leisten. Dazu gehören die Gehälter der Polizei. Teile dieser Gelder sollen verschwunden sein. Auch Angestellte der Wahlkommission werden nicht immer bezahlt.

Manche Beobachter fragen sich nun, warum die technischen und finanziellen Verzögerungen nicht dafür genutzt werden, die politischen Probleme noch zu lösen, die einer ruhigen Wahl im Wege stehen. Dazu gehört der Boykott der größten kongolesischen Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und sozialen Fortschritt), die Sicherheitsgarantien für den Wahlkampf verlangt und auch eine neue Phase der Wählerregistrierung will, weil letztes Jahr viele ihrer Anhänger die Registrierung boykottiert hatten. Die Wahlkommission lehnt eine neue Wählerregistrierung immer unter Verweis auf Zeitmangel ab. Nach Monaten der Wahlverschiebung wird dieses Argument allerdings unglaubwürdig. Unter anderem zu Gesprächen über dieses Thema hält sich derzeit der Kommissionspräsident der Afrikanischen Union (AU), Alpha Oumar Konaré, in Kinshasa auf.

Eine Wahlverschiebung um mehrere Monate, warnen manche kongolesischen Beobachter, wird im Kongo nur akzeptiert werden, wenn sie mit einer politischen Geste an die Opposition verbunden ist. Sonst werden Oppositionsgruppen den regierenden Warlords vorwerfen, die Wahlen sabotieren zu wollen. Sollte diese Überzeugung unter den acht Millionen Einwohnern Kinshasas um sich greifen, dürften Unruhen die Folge sein.