DIE KLEINE WORTKUNDE

Kruzifixe abhängen – darüber streitet die niedersächsische Bald-Sozialministerin Aygül Özkan mit ihrer Partei, der CDU. Das Wort kommt wie alles Dauerhafte aus dem Lateinischen. Cruci fixus bedeutet ans Kreuz geheftet, weil der Corpus Christi aufs Holz genagelt ist.

In der frühen Kirche wurde das Kruzifix nicht verehrt. Grund: Die Römer brachten viele Menschen auf diese Weise um, ein solcher Tod galt als banal, oftmals gar als schändlich. Das illustrieren Spottkruzifixe aus der Antike.

So wurde 1856 in einem antiken Gebäude am Palatin in Rom ein Stuckfragment entdeckt mit der kunstlos eingeritzten Darstellung eines Gekreuzigten mit einem Eselskopf. Es stammt wahrscheinlich aus der Mitte des zweiten Jahrhunderts.

Der Mann trägt ein Hemd und eine lose Tunika. Rechts daneben steht eine ebenso bekleidete menschliche Gestalt, welche die Hand als Zeichen der Anbetung emporstreckt. Unter dieser in Stuck geritzten Karikatur stehen zum Hohn die griechischen Worte: „Alexamenos betet Gott an“.

Das Spottkruzifix zeigt, dass sich die Römer über die ersten Anhänger des Christentums einfach nur lustig machten.

Außerdem stand am Anfang des Christentums die Verehrung der Heilsgeschichte, also der Auferstehung, im Vordergrund. Die erschien den frühen, oft von Verfolgung bedrohten Christen in ihrer bedrängten Lage wohl einfach hoffnungsvoller als das Anbeten eines Gefolterten.

Erst im Mittelalter entwickelte die inzwischen etablierte Kirche ein immer größeres Interesse an Leid und Schmerz. Die Welt hatte als Jammertal zu gelten, die Verhältnisse waren zu ertragen – nicht zu revolutionieren (siehe -> Bauernkriege). Schließlich gehörten die Oberen des Klerus selbst zu den Mächtigen. An Veränderung lag ihnen nur wenig. Erlösung war deshalb gefälligst im Jenseits zu suchen.

Hoffnung statt Schmerz – es wäre vielleicht auch aus christlicher Hinsicht wünschenswert, würde sich die CDU aus dem Mittelalter verabschieden.