Arbeitgeber raufen sich

Streit mit Ver.di um 40-Stunden-Woche: Möllring (CDU) käme ohne Tarif aus, Stegner (SPD) nicht

Die kommunal vereinbarte 39-Stunden-Woche ist Möllring „zu wenig“

VON BARBARA DRIBBUSCH

Im Streit über die Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst der Länder herrscht offenbar Uneinigkeit im Arbeitgeberlager über den Kurs gegenüber den Gewerkschaften. Der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft der Länder, Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), erklärte gestern der taz, ein „tarifloser Zustand“ wäre die „logische Konsequenz“, wenn man sich mit der Gewerkschaft Ver.di nicht über neue Regelungen zu Arbeitszeiten und Sonderzahlungen einigen könne. Man solle sich keine zeitliche Zielmarke für eine Einigung setzen.

Der Vizechef der Tarifgemeinschaft, der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner (SPD), sagte hingegen der taz: „Es wird in den nächsten Wochen eine Einigung geben müssen.“ Er setze auf „vernünftigen Ausgleich“ mit den Gewerkschaften. In dem nun schon zehn Wochen andauernden Streik der Angestellten und ArbeiterInnen bei den Landesunternehmen geht es um die Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden im Westen.

Derzeit gelten für die Beschäftigten unterschiedliche Jobzeiten. Da die alten Arbeitszeitbestimmungen gekündigt und der neue Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TvÖD) vor zwei Jahren von den Ländern abgelehnt wurden, müssen die Neueingestellten und Beförderten einzelvertraglich bereits längere Arbeitszeiten von 40 bis 42 Stunden akzeptieren. Die Beamten in den Ländern ackern ohnehin schon 40 Stunden oder länger, weil deren Arbeitszeit per Gesetz und nicht durch Tarifverhandlungen beschlossen wird.

Nur noch für die Altbeschäftigten greift hingegen der alte Tarifvertrag mit sogenannter Nachwirkung. Das heißt, diese Angestellten und ArbeiterInnen haben im Westen die 38,5-Stunden-Woche. Laut Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) sind in einigen Ländern jedoch zwischen 25 und 30 Prozent der Tarifverträge schon auf die neue, verlängerte Arbeitszeit umgestellt.

Auf kommunaler Ebene wurde bereits in Baden-Württemberg die 39-Stunden-Woche eingeführt. Die dort vereinbarten 39 Stunden seien für die Länder jedoch noch „zu wenig“, erklärte Möllring. Die Tarifgemeinschaft möchte Öffnungsklauseln, die den einzelnen Ländern erlauben, regional unterschiedliche Arbeitszeiten zu beschließen.

Die Gewerkschaft Ver.di steht bei der Verhandlung mit den Ländern unter besonderem Druck. Würde bei den Beschäftigten der Landesunternehmen eine längere Arbeitszeit als 39 Stunden vereinbart, müssten aufgrund der „Meistbegünstigungsklausel“ diese längeren Jobzeiten auch in den Städten und Gemeinden eingeführt werden. Aber auch für einen „tariflosen Zustand“ gelte laut einer Protokollnotiz diese Klausel, so Möllring zur taz. Die Klausel läuft zum 31. Dezember 2007 aus. Man könnte daher „für die Zwischenzeit eine schlaue Lösung finden“ und dann „ab 1. 1. 2008 eine endgültige Vereinbarung treffen“, erklärte Möllring.

Möllring hatte zuvor erklärt, der Streik der Landesbediensteten sei „nicht sehr mächtig“. Die Bürger merkten von dem Ausstand nichts. In Niedersachsen streikten von den 70.000 Arbeitern und Angestellten im Landesdienst derzeit pro Tag etwa 300.

Ver.di-Chef Frank Bsirske hingegen hatte erst kürzlich gesagt, die Streiks zeigten „Wirkung“. Er setze auf eine Einigung noch im April. Die Gewerkschaft hat zuletzt Arbeitszeitmodelle im Gesamtvolumen einer 38,8-Stunden-Woche angeboten. Die Universitätskliniken hätten durch die Streiks des nichtärztlichen Personals Einnahmeausfälle von 150 Millionen Euro erlitten, erklärte Ver.di-Sprecher Harald Reutter der taz.

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