„Wir wurden mit Applaus empfangen“

HELLERSDORF Hunderte Menschen übergaben am Samstag Sachspenden an die Bewohner des Asylbewerberheims. Mitorganisatorin Luisa S. über die Aktion

■ 21, ist gebürtige Hellersdorferin und hat ihr Abitur am Max-Reinhardt-Gymnasium gemacht, das heute Asylbewerberheim ist. Derzeit studiert sie Sozialwissenschaften und ist Sprecherin der Initiative „Hellersdorf hilft Asylbewerbern“.

taz: Sie haben am Samstag Hilfsgüter von Hellersdorfern per Menschenkette an die Bewohner des Asylbewerberheims übergeben. Was war dabei?

Luisa S.: 250 Hellersdorfer haben insgesamt 60 Kartons mit Kleidung, Hausrat und Spielzeug sowie Kinderwagen, Laufräder, Radios und Fahrräder ins Heim gebracht, die wir zuvor von Hellersdorfern und Unterstützern aus ganz Berlin bekommen und verpackt haben.

Wie haben die Asylbewerber reagiert?

Begeistert. Sie haben uns mit einem großen Applaus empfangen und die Kisten selbst mit ins Heim getragen. Der Hit waren eindeutig die Kinderfahrräder. Die Kinder sind gleich mit leuchtenden Augen damit herumgefahren. Aber auch Haushaltsgegenstände wie Teller und Teekannen haben große Freude ausgelöst. Die Bewohner dürfen die Sachen behalten, wenn sie einmal in eine eigene Wohnung ziehen. Neben der Freude der Empfänger ist uns die Vorbildfunktion der Aktion wichtig: Man kann etwas tun, um anderen Menschen zu helfen. Wir sind nicht fremdenfeindlich.

Seit Juli kursiert das Bild des hässlichen Hellersdorfs bundesweit in den Medien. Wie erleben Sie als gebürtige Hellersdorferin den Kiez?

Die fremdenfeindliche Stimmung will ich nicht beschönigen. Aber es gibt auch das andere Hellersdorf. Meine Generation ist eindeutig nicht überwiegend rechts. Die Jugendarbeit hier leistet viel dafür. Es gibt eine linke Szene. Und es gibt immer wieder Veranstaltungsreihen, die unter dem Motto von Vielfalt und Toleranz stehen – wie Rock für Links, DiveRcity und das jährliche Fest „Schöner leben ohne Nazis“. Das geht in der Berichterstattung leider unter.

Sie und ich haben uns an jenem Tag kennengelernt, als eine Informationsveranstaltung über das Heim von der NPD gekapert wurde und eskalierte. Damals wollten Sie gemeinsam mit anderen Hellersdorfer Schülern und Studenten die Facebook-Gruppe „Hellersdorf hilft Asylbewerbern“ gründen. Was war Ihre Motivation?

Nach dem Schock vom „braunen Dienstag“ konnten wir die Füße nicht stillhalten und mussten dagegenhalten. Wir wollten ein Netzwerk aufbauen für Hellersdorfer, die anders drauf sind, und eine Willkommenskultur für die Asylbewerber aufbauen. Bei uns haben sich mittlerweile Dolmetscher gemeldet, die Flüchtlingen bei Behördengängen helfen, oder Menschen, die Lesepatenschaften oder Nachhilfeunterricht anbieten.

Wird Ihre Gruppe von Rechten angefeindet?

Es gibt Behauptungen wie die, dass wir kriminell wären und unsere Aktionen lächerlich. Wir sollten uns lieber um deutsche Kinder kümmern, heißt es, und das ist noch harmlos. Bei unseren Aktionen stehen auch öfter rechte Störenfriede am Rand und fotografieren oder pöbeln, um uns einzuschüchtern. Im Internet werden Namen unserer Aktivisten mit erfundenen kriminellen Behauptungen veröffentlicht. Einer Unterstützerin wurde das E-Mail-Postfach gehackt und einem anderen aufgrund organisierter Falschbehauptungen das Facebook-Profil gelöscht. INTERVIEW: MARINA MAI