berliner szenen Echt knallhart

Maipädagogikmaschine

Anna ist da und Cacan, Hussein, Jacqueline und fünfzehn weitere Jugendliche. Aneinander gequetscht sitzen sie in einem ehemaligen Einsatzwagen und starren auf eine Leinwand. Es kracht und knallt, Wasserwerfer fahren, Polizei watschelt im Ninja-Turtles-Style durchs Bild. Immer wieder ertönt ein Mantra aus dem Off: „Ich bin auch nur ein Mensch – und muss mich schützen.“ Es ist die wohlklingende Stimme einer jungen Beamtin.

„Echt knallhart“, kommentiert Anna den Streifen. Ihre beste Freundin meint: „Voll der Krieg“, und guckt etwas verstört. Die Jungs sind eher maulfaul und grummeln in ihren Bartansatz. Kein Kommentar – höchstens: Steine geschmissen hätten sie eh nie. Ist da schon mal ein Bulle gestorben? Nee, na dann ist ja gut.

Die Kreuzberger Pädagogik-Maschine läuft auf Hochtouren. „Protection 05“ heißt das Projekt des Jugendzentrums Naunynritze für den 1. Mai, mit dem man schon im vergangenen Jahr erfolgreich war. Aus potenziellen Krawallmachern sollen Security Guards werden. „Die Kids da abgreifen, wo sie sind“, meint Achim, der Leiter, ein ehemaliger DDR-Fitnesstrainer mit drei verschiedenen Handys. Der Senat ist begeistert. Stefan Bonikowski, Präventionsbeauftragter der Polizei, kennt „manche Kids“ noch von früher.

Ob es reicht, einfach Filmmaterial von 1993 bis 2003 zusammenzuschnippeln, um die Jugendlichen auf den Pfad der Tugend zu führen, weiß er nicht. Eher hilft, dass der 1. Mai eh out ist. Gehänselt werden die jungen Ordner in ihrem Bezirk jedenfalls nicht. „Wir sind für die ein Vorbild. Ich mein’, ist doch voll wichtig, der nächsten Generation ein bisschen Benehmen beizubringen“, sagt Jacqueline und verabschiedet sich in die U-Bahn.

JESSICA ZELLER