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„Ich bin nur ein Mensch“

KONZERT Björn Casapietra, ein Tenor mit tendeziell weiblichem Zielpublikum, singt in der „Glocke“

Björn Casapietra, 41

■ musste wegen seines deutsch-italienischen Doppelpasses nicht zur NVA und studierte in Berlin

taz: Herr Casapietra, Ihre Mutter wurde als „Callas des Ostens“ bezeichnet, ihr Vater war laut Pressemitteilung Ihrer Plattenfirma „ostdeutscher Repräsentant grandioser Kapellmeister-Tradition“. Was wäre für Sie der angemessene Titel?

Björn Casapietra: Vielleicht Schmusetenor? Aber Schubladen sind mir eigentlich wurscht. Als Sänger bin ich ein demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn.

Allerdings betonen Sie neben Ihrer „illustren Herkunft“ auch stets den Umstand, dass sämtliche Ihrer Konzerte mit Standing Ovations enden.

Das ist ja auch nur die Wahrheit! Und ich betone das voller Stolz, aber nicht, um anzugeben. Ich werde mich nie daran gewöhnen, dass sich Menschen nach einem Konzert von den Stühlen erheben. Aber wenn sie es nicht tun, fehlt es mir auch, ehrlich gesagt.

Als ich bei unserem vorvorletzten Telefonat zugab, dass mir Ihr aktuelles Album „Celtic Prayer“ nicht so ganz außerordentlich gefällt, sagten Sie: Dazu fehlten mir die „feminine Attribute“. Wie meinen Sie das?

Ich meinte: Meine typischen Fans sind weiblich. Das ist ja auch nicht weiter erstaunlich, wenn man als Tenor romantische Liebeslieder singt. Genauso, wie Heavy Metal eher männliche Anhänger hat. Aber Sie scheinen ja eher voreingenommen zu sein.

Also, …

Ich versuche, den Menschen zwei bis drei schöne Stunden zu bereiten, seit drei Jahren bekommen wir dafür ausnahmslos gute Kritiken. In einer Hannoveraner Zeitung wurde ich schon mit Pavarotti verglichen. Aber das weise ich natürlich weit von mir. Der Mann war ein Gott. Ich bin nur ein Mensch.

Sie haben ja schon öfter vorgeschlagen, interviewt zu werden. Was wollen wir noch besprechen?

Mir ist es wichtig, dass man in meine Konzerte nicht wie in eine Andacht geht. Dass die „ganz große Kunst“ immer so wahnsinnig ernst daherkommt, hat mir nie gefallen. Aber deswegen bin ich noch lange kein André Rieu oder Helmut Lotti. Ich versuche einfach, so ehrlich und authentisch wie möglich zu sein.

INTERVIEW: HB

Björn Casapietra auf Tour: Heute um 20 Uhr im kleinen Saal der „Glocke“, zusammen mit der Pianistin Sybille Briner

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