20.000 Jobs bedroht

VON BEATE WILLMS

Die Zeit des Spekulierens ist vorbei, jetzt geht es bei Volkswagen ans Verhandeln – um die Arbeitsplätze. Gestern beauftragte der Aufsichtsrat den Vorstand, mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall über eine „Restrukturierung der Marke VW“ zu sprechen. „Die Ziele sind definiert“, sagte Vorstandschef Bernd Pischetsrieder nach einer zweitägigen Klausurtagung der VW-Führungsgremien. So sollen die Kosten bis 2008 konzernweit um 10 Milliarden gesenkt werden und der Gewinn vor Steuern auf 5 Milliarden steigen. Über eine Rückkehr der VW-Beschäftigten von der 28- zur 35-Stundenwoche habe man „noch nicht“ gesprochen.

Die Beschäftigten müssen nun um ihre Arbeitsplätze fürchten. Pischetsrieder bestätigte seine Ankündigung von Februar, dass rund 20.000 Stellen „von Maßnahmen betroffen“ sein könnten. Das ist fast jeder fünfte Arbeitsplatz in den sechs westdeutschen VW-Werken. Möglich seien Arbeitsplatzverlagerungen und Stellenstreichungen. Einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, nach dem bis zu 40.000 Stellen „komplett überflüssig“ seien, wies er eindeutig zurück.

Der Betriebsrat und auch die IG Metall haben bei der Restrukturierung allerdings nicht nur pro forma mitzureden. Der 2004 abgeschlossene „Zukunftstarifvertrag“ garantiert die 103.000 westdeutschen Arbeitsplätze eigentlich bis zum Jahr 2011.

Die sechs westdeutschen Werke – mit Ausnahme der Tochterfirma „Auto 5.000 GmbH“ in Wolfsburg – gelten als Problemfälle der Kernmarke VW. Sie sollen zuletzt einen dreistelligen Millionenverlust gemacht haben. Dass der Gesamtkonzern 2005 trotzdem einen Nachsteuergewinn von 1,1 Milliarden Euro machte, ist der Marke Audi und den Finanzdienstleistungen zu verdanken. Gründe für die schlechten Ergebnisse gibt es viele: eine erfolglose Modellpolitik, schlechte Arbeitsorganisation (siehe unten) und Überkapazitäten.

Bei der Frage, wer die Volkswagen AG in und durch die Restrukturierung führt, blieb auch gestern noch ein Rest Unklarheit. Der Vertrag von Konzernchef Pischetsrieder läuft im April 2007 aus. Entgegen früheren Ankündigungen hat der Aufsichtsrat die Entscheidung, ob er verlängert wird, jedoch auf seine nächste Sitzung vertagt. Diese findet am 2. Mai statt, einen Tag vor der Hauptversammlung. Allerdings ließ Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch gestern überraschend durchblicken, dass Pischetsrieder sicheren Rückhalt im Kontrollgremium hat. Noch Anfang März hatte Piëch selbst seinen Nachfolger öffentlich diskreditiert, indem er die Entscheidung als eine „sehr offene Frage“ bezeichnete. Möglicherweise haben diverse Anteilseigner zu diesem Stimmungswandel beigetragen. Sowohl die Investmentfonds DWS und Deka als auch die Schutzgemeinschaft der Kleinanleger hatten angekündigt, Piëch auf der Hauptversammlung nicht zu entlasten. Begründung unter anderem: Es sei „verwerflich“, wie der Exvorstandschef die Autorität seines Nachfolgers untergrabe.