FREIHEITSGEWINN – UND KONTROLLVERLUST
: Der Wind hat sich gedreht

Berlin stellt seine Geodaten online

VON SEBASTIAN HEISER

Der erste Entwickler, der den Fahrplan von Bussen und Bahnen auf die Handys von Apple brachte, stieß noch auf Ablehnung der BVG. Vor fünf Jahren programmierte der Student Jonas Witt eine Anwendung, die die nächstgelegenen Haltestellen anzeigte, in der man sein Ziel angeben und Verbindungen suchen konnte, inklusive Umsteigezeiten und Fußwegen. Die BVG untersagte das Programm. Erstens sah sie ihre Rechte am Liniennetzplan verletzt. Zweitens sei Apple eine der reichsten Firmen der Welt und könne für die Nutzung der Daten auf seinen Handys auch zahlen. Und drittens war die Befürchtung, dass die Anwendung falsche Zeiten anzeigt und dann verärgerte Nutzer die BVG verklagen.

Das waren noch vor wenigen Jahren typische Bedenken von Behörden und landeseigenen Unternehmen wie der BVG. Doch zum Glück hat der Wind sich inzwischen komplett gedreht. Die BVG hat erkannt, dass es sich für sie lohnt, wenn potenzielle Kunden nicht erst die BVG-Seite aufsuchen müssen, um dort die Fahrplandaten zu bekommen. Sondern wenn diese Informationen in viele andere Anwendungen eingebaut sind und damit viele Nutzer auf die Angebote des öffentlichen Nahverkehrs aufmerksam gemacht werden – das erhöht eher die eigenen Umsätze. Und von Regressklagen gegen die BVG wegen falscher Daten hat man auch noch nicht gehört.

Beschützerinstinkt

Eigentlich folgten die Datensammler aber nur ihrem Beschützerinstinkt. Ihre Angst war, das irgendwer ihre sorgsam gesammelten Daten verwendet und diese ihrer Kontrolle entzieht. Jetzt müssen sie akzeptieren, dass auch andere darüber entscheiden, was mit den Daten passiert. Gut so.