Bundes-Notopfer soll Berlins Finanzen heilen

Die WASG fordert viel: Nein zu betriebsbedingten Kündigungen und Hartz-IV-Zwangsumzügen. Ja zur Rückkehr in den Arbeitgeberverband und zum 18-Euro-Ticket. Bezahlt wird das per Abschöpfung der deutschen Privatvermögen

Auf den ersten Blick scheint der WASG-Streit mit der Linkspartei paradox: In vielen Punkten überschneiden sich Forderungen der Wahlalternative mit denen der befehdeten Ex-PDS. Warum also all der Streit? Doch schnell zeigt sich: Die WASG versteht sich als einzige Verfechterin linker Werte. Die Linkspartei hingegen hat aus ihrer Sicht „vorschnelle Formelkompromisse“ geschlossen. Dieses Selbstverständnis atmet auch der Entwurf des WASG-Wahlprogramms, das die Delegierten an diesem Wochenende beschließen wollen.

Dem Angebot der PDS, die Rückkehr zum Flächentarifvertrag im öffentlichen Dienst zum Jahr 2009 zu prüfen, traut die WASG nicht. Erst 2003 ist Berlin aus dem kommunalen Arbeitgeberverband ausgetreten. Das spart dem Land Geld, denn seither kann die hoch verschuldete Hauptstadt eigenständig Lohnverhandlungen führen – und Gehaltskürzungen für die Landesbediensteten durchdrücken. Die WASG will hingegen Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerungen verhindern. Wie das Land das bezahlen soll, bleibt jedoch offen.

Die WASG versteht sich als Partei der Arbeitnehmer und sozial Schwachen. Dazu passt auch ihre Forderung, betriebsbedingte Kündigungen im Landesdienst zu stoppen. Seit Amtsantritt der SPD-PDS-Koalition, rechnet die Wahlalternative vor, habe Berlin 15.000 Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut. Die Linkspartei habe diesen Abbau durch die Einstellung von Nachwuchskräften nur verlangsamt, aber nicht gestoppt.

Ab 1. Juli übernehmen Land und Bezirke nicht mehr die vollen Wohnkosten für ALG-II-Empfänger. Die WASG befürchtet entgegen der Senatsankündigung Zwangsumzüge in preisgünstigere Wohnungen. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) wird in diesem Zusammenhang der Lüge bezichtigt.

Zum Forderungskatalog gehören zudem ein Sozialticket für 18 statt 33 Euro, der Verbleib der zum Verkauf vorgesehenen Berliner Sparkasse in Landeshand und der Rückkauf der teilweise privatisierten Wasserbetriebe.

Wer soll das bei mehr als 60 Milliarden Euro Landesschulden bezahlen? Die WASG hat ihre ganz eigene Antwort: 4,34 Billionen Euro Privatvermögen gibt es nach ihrer Rechnung in Deutschland. Man brauche nur mit einem „Notopfer Haushalt“ ein Drittel dieser Summe „abzuschöpfen“, schon sei die Staatsverschuldung getilgt. Wenn sich das nicht von der Linkspartei unterscheidet. MATTHIAS LOHRE