„Schwarzer Sheriff“ zart ergrünt

PARTNERSUCHE Sondierungsgespräche in Hessen: CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier hält schwarz-grüne Koalition für „möglich“. Grünen-Chef Al-Wazir zurückhaltender

Rot-Grün wäre eine Option mit Hypothek für die Genossen

AUS WIESBADEN ARNO FRANK

In Hessen ist eine schwarz-grüne Koalition wahrscheinlicher geworden. Am Montag hatten sich Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Grünen-Chef Tarek Al-Wazir in sehr kleinem Kreis zu ersten Sondierungsgesprächen getroffen und danach beide eine „unter dem Strich“ positive Bilanz gezogen. Bouffier sagte im Hinblick auf eine Koalition mit den Grünen: „Ich halte es für möglich.“ Al-Wazir gab sich etwas zurückhaltender: „Ich kann nicht sagen, ob daraus etwas wird.“

Immerhin einigten sich die beiden einst verfeindeten Parteien auf weitere Gespräche. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Al-Wazirs vornehme Zurückhaltung vor allem dem linken Parteiflügel geschuldet ist, der sich an Bouffier noch als Innenminister und „schwarzen Sheriff“ des damaligen CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch erinnert. Im grünen Milieu einer Metropole wie Frankfurt, wo die Partei längst mitregiert, gibt es hingegen keine Berührungsängste.

Auch das persönliche Verhältnis zwischen Bouffier und Al-Wazir scheint belastbar. In der Opposition hatten sich die Grünen auf die mitregierende FDP eingeschossen, weniger auf die CDU. Umgekehrt scheint auch Bouffier nach seinem Wandel zum Landesvater darum bemüht, ideologische Gräben zu schließen – der Landesverband der CDU gilt als sehr konservativ.

Am Montag wollte Al-Wazir in den Verhandlungen herausfinden, wie tief die Gräben tatsächlich sind und wie die CDU zu den Inhalten der Grünen steht. Gesprochen wurde über Themen wie Finanzen, Bildung und Infrastruktur, wobei Al-Wazir auf Übereinstimmungen bei der Energiepolitik hinwies. Beide Parteien seien sich einig, „dass die Vereinbarungen des Energiegipfels gelten“.

Trotzdem würde die CDU für ein Bündnis mit den Grünen wohl mehr Zugeständnisse machen müssen als für eine Große Koalition. Mit 47 Abgeordneten der CDU und 14 Abgeordneten der Grünen könnte Schwarz-Grün im Hessischen Landtag mit seinen 110 Sitzen auf eine Mehrheit von 61 Mandaten bauen.

Am Dienstagnachmittag ging die Pendeldiplomatie weiter, da trafen sich die Grünen zu ersten Gesprächen mit ihrem „Wunschpartner“ SPD. Und weil es für Al-Wazir und SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel mit dem beabsichtigten „Politikwechsel“ ohne die Linkspartei nichts wird, saß auch die Landeschefin der Linken, Janine Wissler, mit am Tisch. Die Linke hatte bereits angekündigt, auch von der Oppositionsbank aus Rot-Grün tolerieren zu wollen.

Eine Option mit Hypothek für Schäfer-Gümbel: 2008 wollte sich die damalige SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti mit Hilfe der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen und scheiterte dann an Abweichlern in der eigenen Partei. Zumindest den „Wortbruch“, für den Ypsilanti abgestraft wurde, wird man Schäfer-Gümbel nicht vorwerfen. Eine Duldung durch die Linke hatte er für „politisch“ nicht aussichtsreich, aber „formal“ für möglich erklärt.