Späte Blüten

REIHE Ein kleines Festival mit neuen Filmen aus Hongkong veranstaltet das Hamburger Metropolis-Kino. Gezeigt wird, was Erfolg hatte

Hongkong brachte es im Jahr 1995 auf 154 Produktionen, 2012 waren es noch 37

Die Blütezeit von Hongkongs Filmindustrie ist längst vorbei. In den späten 80er- und frühen 90er-Jahren kamen von dort Genrefilme, so innovativ und originell, dass auch die seriöse Filmkritik sie bemerkte und renommierte Festivals sie ins Programm nahmen. Gleichzeitig wurden auch die alten Kung-Fu-Streifen aus den 70ern salonfähig, nachdem der US-Regisseur Quentin Tarantino sie als Inspiration pries – und ausgiebig zitierte.

Von Action wie John Woos „The Killer“ über Fantasykomödien wie Tsui Harks „The Chinese Ghost Story“ bis zu poetischem Kunstkino wie Wong Kar-Wais „Chungking Express“: Hongkong brachte es im Jahr 1995 auf 154 Produktionen, 2012 waren es noch gerade mal 37, und inzwischen arbeiten die genannten, einst so stilbildenden Regisseure allesamt in Hollywood oder der Volksrepublik China.

Aber es gab auch späte Blüten, etwa die Trilogie „Infernal Affairs“ von Andrew Lau und Alan Mak, der Martin Scorsese mit „The Departed“ ein Remake widmete. Oder die Filme von Johnnie To, in denen ähnlich übermütig mit den Konventionen der Genres gespielt wird wie in Hongkongs besten Zeiten. Die erfolgreichsten dort hergestellten Filme des vergangenen Jahres Jahres zeigt jetzt das Hamburger Metropolis-Kino – sieben Produktionen, an denen sich ablesen lässt, in wie vielen unterschiedlichen Genres und Stilen immer noch Filme gemacht werden.

Allerdings ist das Ergebnis eher eine Branchen-Leistungsschau als ein Filmfestival: Für Organisation und Auswahl ist das Wirtschafts- und Handelsbüro Hongkong in Berlin verantwortlich, und dort hat man eher ein kommerzielles als ein künstlerisches Interesse.

So ist etwa Wong Jings „The Last Tycoon“ (12. und 14. 10.) ein historisches Gangster-Epos, das in den 1930er-Jahren spielt und mit Chow Yun-Fat einen der altgedienten Stars des asiatischen Kinos in der Titelrolle zeigt. Der Spionagefilm „The Silent War“ (10. und 13. 10.) erzählt vom Kampf des kommunistischen Nachkriegschinas gegen Agenten der Kuomintang. Der erfolgreichste Hongkong-Film des vergangenen Jahres war der Thriller „Cold War“ (11. 10.), in dem von Intrigen innerhalb des Polizeiapparats erzählt wird, bei denen die Entführung einer Einsatztruppe von Polizisten sich als ein abgekartetes Spiel herausstellt.

Das Melodram „Floating City“ (10. 10.) handelt von einem blauäugigen Chinesen, der seine Jugend auf einem Fischerboot bei armen Adoptiveltern verbrachte, später durch die Liebe einer einflussreichen Frau in die gehobene Gesellschaft aufgenommen wird und beginnt, nach seinen biologischen Eltern zu suchen.

Eine Variation des Themas „Film im Film“ ist Pang Ho-Cheungs „Vulgaria“ (11. 10.): Darin berichtet ein Produzent einigen Filmstudenten von den Dreharbeiten des Remakes eines Softsex-Klassikers aus den 1970er-Jahren. Der Titel scheint einigermaßen eingelöst zu werden: In Rezensionen wird gelobt, wie schlüpfrig und derb, aber auch komisch diese Komödie geworden ist. Auch sowas gehört zur Kinotradition Hongkongs.  HIP

Das ganze Programm unter www.metropoliskino.de