Erste Glückwünsche zur Meisterschaft

Turbine Potsdam gewinnt mit 2:1 gegen Konkurrent Duisburg. Der Titel in der Meisterschaft ist damit nahe

Karolin Thomas erhielt in der 50. Minute für ihr Geschrei Szenenapplaus. Der Grund: Soeben war sie von ihrem Trainer, Bernd Schröder, in Feldwebelmanier niedergebrüllt worden. Sie antwortete wütend in ebenbürtiger Lautstärke. Die Zuschauer lachten und klatschten. Dabei war die Ursache des Gekeifes pure Verzweiflung. Denn der Tabellenführer der Frauenbundesliga, Turbine Potsdam, wurde bis zu diesem Zeitpunkt gestern Nachmittag von seinem direkten Verfolger, dem 1. FCR Duisburg, an die Wand gespielt. Dass die Potsdamerinnen da 1:0 führten, war reines Glück.

Geradezu statisch nahmen die Spielerinnen von Turbine in der ersten Halbzeit ihre Positionen ein, als ginge es um eine Partie Rasenschach. Die Duisburgerinnen hingegen rochierten geschickt und agierten wesentlich quirliger. Ein ums andere Mal nutzten sie die Unsicherheiten der Potsdamer Abwehr aus und spielten eine Mitspielerin vor dem Tor frei. Die aufmerksam mitspielende Turbine-Torhüterin Nadine Angerer kam jedoch ihren Gegnerinnen stets zuvor.

Mit einer besseren Kopie der zuvor vorgeführten Spielzüge der Duisburgerinnen gelang den Turbine-Spielerinnen Mitte der ersten Halbzeit die völlig unverhoffte 1:0-Führung durch Anja Mittag. Die Brasilianerin Christiane bediente Mittag mit einem schönen Steilpass aus dem Mittelfeld, sodass sie frei vor dem Tor zur Führung vollenden konnte.

In der zweiten Halbzeit konnten die Potsdamerinnen ihre Leistung deutlich steigern. Dass sie dazu noch imstande waren, verblüffte: Schließlich hatten sie ihr viertes Punktspiel innerhalb von nur neun Tagen zu bewältigen. Die Duisburgerinnen hingegen absolvierten im selben Zeitraum nur zwei Spiele. Obwohl die Potsdamerinnen nach einem Stellungsfehler ihrer Torhüterin in der 64. Minute den 1:1-Ausgleich durch Simone Laudehr hinnehmen mussten, gaben sie nicht auf. Der Lohn: Petra Wimbersky gelang acht Minuten vor Schluss doch noch der 2:1-Siegtreffer. Mehr konnte man nicht verlangen. „Am Ende waren wir alle völlig platt“, erklärte Anja Mittag. „Der Glücklichere hat gewonnen“, konstatierte Duisburgs Nationaltorhüterin Silke Rothenbach durchaus korrekt.

Die Entscheidung im Kampf um die Meisterschaft dürfte damit gefallen sein. Potsdam hat das leichteste Restprogramm und führt mit vier Punkten Vorsprung die Tabelle an. Offenbar hatte der Duisburger Trainer Herhaus gestern den Ehrgeiz, sich als erster Gratulant einzutragen. „Ich bin so frech und beglückwünsche die Potsdamern zur deutschen Meisterschaft“, sagte er. Sein Kollege Schröder wollte die Blumen noch nicht annehmen, gestand aber, dass sich sein Team jetzt nur noch selbst schlagen könnte.

Liebreizendes Verhältnis

Überhaupt ist das Verhältnis der beiden Konkurrenten nahezu liebreizend, was auch an der Ähnlichkeit der Spielanlage beider Mannschaften liegen dürfte. Die käme nicht von ungefähr, stellte Bernd Schröder nach dem Sieg fest: „Ich will nicht so vermessen sein zu sagen, dass wir das Vorbild für die Duisburgerinnen sind, doch wir haben dieselbe Spielphilosophie.“ Schon in der vergangenen Saison haben sich die Spielerinnen des Duisburger Trainers, Dietmar Herhaus, mit ihrem offensivem Kombinationsfußball in die Spitzengruppe des deutschen Frauenfußballs gespielt. Aus dem ewigen Zweikampf zwischen dem FFC Frankfurt und Turbine Potsdam um die deutsche Meisterschaft war so ein Dreikampf geworden.

Am liebsten, so Schröder, hätte man die Duisburgerinnen auch im Pokalfinale nächstes Wochenende als Gegner gehabt. Stattdessen muss man sich dort – ebenso wie im Uefa-Cup-Finale – im Mai mit dem ungeliebten Konkurrenten, dem FFC Frankfurt, auseinander setzen.

Johannes Kopp