STEFAN KUZMANY über GONZO
: Ein perfekter Sorgenbrecher

Gegen schlechte Nachrichten kann man sich wappnen – mit einem besonderen Rezept

Es ist nicht einfacher geworden, wirklich nicht. Die Welt wird immer schlechter und schlechter, und das Wetter, obschon in den letzten Tagen etwas wärmer geworden, ist grundsätzlich zu kalt bzw. zu warm für die Jahreszeit. Wir können uns nur aussuchen, an welches Katastrophenszenario wir lieber glauben wollen. Dass die Katastrophe kommt, wird ja niemand mehr ernsthaft bestreiten wollen.

Vernünftigerweise bleiben wir also besser mal daheim und warten hier auf das Ende, in vertrauter Umgebung und mit vertrauten Nachrichten: Die Lügen von Tschernobyl lassen einem noch zwanzig Jahre nach dem Reaktorunfall die Haare ausfallen, wir werden mit Erdgas erpresst, das ganze Land ist ein einziger rassistischer Tatort, es wird durchsaniert, es herrscht allgemein eine verantwortungslose Politik, gegen rechts wird nur geredet, aber nichts getan. Zu allem Übel kommt dann auch noch einer daher und gebraucht den Ausdruck „ultrasupres Dokument“! Das geht so nicht! Das wird gegeißelt!

Und dann reicht’s endgültig. Widerstand tut Not! Wir warten nicht mehr auf das Ende. Es wird nicht gestorben. Noch nicht. Ganz im Gegenteil! Beantworten wir lieber folgende Frage: Wie überlebe ich Deutschland?

Ich empfehle die Herstellung eines Kuchens. Oder einer Torte. Backen macht zufrieden, und noch zufriedener macht es, wenn das Gebackene gelingt. Man kann wenige politische, ökologische, ethische oder sprachliche Fehler dabei machen. Vergessen wir mal kurz den Energieverbrauch des Ofens. So viel Gas werden die Russen schon noch herausrücken. Zur Herstellung einer wunderbaren Schwarzwälder Kirschtorte schlagen Sie fünf Eier in eine Schüssel. Während Sie die Eier mit einem Quirl schaumig schlagen, geben Sie langsam 200 Gramm Zucker dazu. Und jetzt weiterquirlen, bis eine schaumig-steife Masse entsteht. Das dauert einige Minuten. Und wenn Sie denken, jetzt hätten Sie genug gequirlt – quirlen Sie ruhig noch etwas weiter. Das Quirlen ist wichtig!

Diese Masse muss jetzt mit 200 Gramm Mehl in Verbindung gebracht werden. In das Mehl haben Sie vorher zwei Esslöffel Kakao gemischt – und zwar gut gemischt. Diese Mehl-Kakao-Mischung lassen Sie mit einem Sieb, ganz vorsichtig, auf den Eischaum rieseln und heben sie, ganz vorsichtig, mit einem Löffel unter. Das ist eine heikle Stelle in der Herstellung der Schwarzwälder Kirschtorte: Wenn Sie das Kakao-Mehl zu schnell oder zu rabiat untermischen, fällt der Schaum zusammen und der Teig ist misslungen. Ich weiß, wovon ich rede. Der Teig kommt in eine Springform (Backpapier nicht vergessen!) und wird bei ca. 200 Grad etwa 45 Minuten gebacken.

Danach müssen Sie sich gedulden: Der fertige Tortenboden bleibt über Nacht stehen. Gehen Sie spazieren. Gehen Sie mit Freunden aus. Freuen Sie sich auf die Torte.

Am nächsten Tag schlafen Sie sich schön aus. Dann teilen Sie den Tortenboden in drei Flächen. Manche behaupten, das ginge gut mit einem Faden, aber bei mir hat das nie geklappt. Ein langes Messer tut’s auch.

Sie geben den Inhalt eines Glases Schattenmorellen in einen Topf, dazu ein halbes Päckchen Vanillepudding-Pulver und, je nach Geschmack, einen mehr oder weniger großen Schuss Kirschwasser. Einige Kirschen legen Sie beiseite: Die brauchen Sie später zum Garnieren. Kleine Flaschen mit Kirschwasser finden Sie in jedem Supermarkt in der Nähe der Kasse, und wenn Sie den Schnaps gemeinsam mit den Schattenmorellen kaufen, wird Sie niemand des Alkoholismus verdächtigen. Und wenn doch – was soll’s!

Den Kirsch-Vanille-Pudding lassen Sie auskühlen. Währenddessen schlagen Sie Sahne steif, mit etwas Zucker drin und einem Päckchen Sahnesteif. Dann belegen Sie die Torte: Ganz unten eine Lage Teig, dann eine Lage Kirsch-Vanille-Pudding, dann wieder eine Lage Teig, darauf eine Lage Sahne, dann wieder Teig, und ganz oben drauf Sahne und Kirschen und, wenn Sie wollen, geraspelte Schokolade.

Die Torte ist fertig. Bis sie verspeist ist, müssen Sie sich keine weiteren Sorgen mehr machen. Ich wünsche guten Appetit.

Fragen an den Konditor? kolumne@taz.de Morgen: Michael Streck BACK HOME