ORTSTERMIN: KOMMISSAR STITZ SIMULIERT FüR RENTNERINNEN EINE BETRÜGERISCHE KAFFEE-FAHRT
: Rollenspiele mit der Polizei

Als Bernhard Stitz fragt, wer schon mal an einer Kaffeefahrt teilgenommen habe, herrscht erstmal betretenes Schweigen im Hamburger Congress Centrum. Langsam heben sich einige Hände. Nach einer Minute halten dann doch zwei Drittel der Zuhörer vor der Bühne der Erlebnismesse „SeniorA“ die Hände hoch – vor allem Seniorinnen bekennen, die scheinbar kostengünstige Abwechslung in Anspruch genommen zu haben.

Stitz ist Polizeikommissar in Flensburg und zu der Senioren-Messe gekommen, auf der es vor allem darum geht, der älteren Generation deutlich zu machen, dass es nicht alle gut mit ihnen meinen. An etwa 100 Kaffeefahrten hat der Polizist in seiner Freizeit undercover teilgenommen, um hinter die Machenschaften von Abzockern zu kommen, die er als „Schwarze Schafe“ bezeichnet. Er führt vor – dafür schlüpft er in ein T-Shirt mit der Aufschrift „Polizei-Kochtopfverkäufer“ – mit welch psychologischer Raffinesse manche Reiseleiter vorgehen, um ans Geld der Senioren zu kommen.

Dann spielt Polizist Stitz die Fahrt nach: Mit dem Bus geht es durch landschaftlich schöne Gebiete, es kommt Geselligkeit auf. Dann steuert der Bus einen Gasthof an, indem das Mittagessen auf dem Programm steht. Die Senioren werden in einen separaten Raum geführt, dann tritt der Reiseleiter auf. „Ich habe schon beim Einsteigen in den Bus ein Gespräch zwischen zwei Damen mitbekommen, dass sie heute abgezockt werden sollen“, sagt Stitz, der sich als „Dr. Martens“ vorstellt. „Dieses Urteil ist ein Vorurteil“, sagt „Dr. Martens“. „Ich will ihnen nichts verkaufen, das darf ich als Arzt auch gar nicht.“ Dabei verschenkt er ein paar Gesundheitsbinden als Zeichen des guten Willens. „Die kosten in der Apotheke 6,98 Euro“, fügt er hinzu.

Dann geht „Dr. Martens“ in die Offensive. Er werde aber das Produkt kurz vorstellen, „dann können sie auch das Mittagessen bestellen und wieder nach Hause fahren“. Dann verteilt er Kugelschreiber und Schreibblocks, „für diejenigen, die sich Notizen machen wollen“. Vor seinem Vortrag fordert „Dr. Martens“ Aufmerksamkeit. „Verderben Sie uns nicht die gute Laune“, appelliert er an die Geschwätzigen. „Die Tür ist offen, Sie können jederzeit gehen“, sagt er „aber wenn Sie Spazieren gehen, verirren Sie sich nicht, denn dann ist der Bus weg und Sie kommen nicht wieder nach Hause.“

Da das von ihm gepriesene Gesundheitspaket des Kaffeefahrt-Sponsors in der Apotheke 4.998 Euro kosten würde, habe er zufällig ein Dutzend Packungen dabei, „die ich Ihnen zum Ausprobieren überlassen könnte“, sagt „Dr. Martens“ nach langem Vortrag. Direkt vom Hersteller bezogen, sei das Paket für 1.298 Euro zu haben. „Sie müssen mir nur den Erhalt quittieren“, sagt Dr. Martens und schon ist der Vertrag geschlossen.

Stitz, jetzt wieder als Polizist auf der Bühne, kann den Senioren nur raten, auf Kaffeefahrten erworbene Gegenstände zu Hause sofort einem Preisvergleich zu unterziehen. „Binnen 14 Tagen besteht ein Rücktrittsrecht vom Vertrag“, sagt er. Auf die Frage einer Seniorin, was zu machen sei, wenn man in dem Gasthof eingeschlossen werde, sagt der Kommissar. „110 wählen, denn das ist eine Freiheitsberaubung.“ Einer Seniorin ist das passiert. „Man hat mich nicht mehr reingelassen“, sagt sie. „Nur weil ich bei der Darbietung mit meiner Nachbarin gequatscht habe.“ KVA

SeniorA Gifhorn: 12./13. Oktober 2013, Stadthalle Gifhorn

SeniorA Hamburg: 14./15. März 2014 Internet: www.Seniora.de