Wer ist die Schönste im ganzen Land?

Am Hamburger Kreuzfahrtanleger liegt ein Riese und glänzt in der Sonne. Die „Freedom of the Seas“, das größte Passagierschiff der Welt, übertrifft die Konkurrentin „Queen Mary 2“ zwar um 15 Meter Breite – jedoch nicht an Beliebtheit. „Das Schiff ist einfach nicht so begehrt wie die ‚Queen Mary‘. Sie müssen sich nur mal umgucken. Hier ist ja nichts los“, meint eine ältere Dame, die Postsonderstempel der „Freedom“ verkauft. Als die „Queen Mary 2“ im letzten Jahr hier anlegte, war sie dabei: „Die ‚Königin‘ ist einfach eleganter.“

Die „Freedom“ als Gebrauchs-, die „Queen Mary 2“ als Traumschiff – so sehen das die meisten Besucher, die die Gelegenheit nutzen, den Koloss bei seinem ersten und letzten Besuch in Hamburg zubegutachten. „Das ist was für Amerikaner, die keinen Sinn fürs Schöne haben. Ich würde damit keine Kreuzfahrt machen – selbst wenn ich sie geschenkt bekäme“, meint ein Tourist aus Berlin, der früher zur See fuhr. Seine Frau fügt hinzu: „Es ist kein hässliches Schiff, aber die ‚Queen Mary‘ ist viel schöner. Sie ist halt ein ganz anderer Typ.“

Ein Seemann aus Hamburg lässt kein gutes Haar an der „Freedom“: „Das ist schlicht und einfach ein Riesenpott, der die Bezeichnung ‚Schiff‘ nicht verdient hat. Ein schwimmendes Hotel und Einkaufszentrum. Die ‚Queen Mary 2‘ – die sieht aus wie ein Schiff.“ Allerdings müsse man zugeben, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis bei der „Freedom“ besser sei. „Wenn man sich Bug und Heck wegdenkt, könnte man meinen, das Schiff sei ein Hochhaus“, meint ein anderer Hamburger, der vor einem Würstchenstand eine Mittagspause macht. „Aber es ist beeindruckend, dass Hochhäuser schwimmen können. Das ist doch auch was.“

Die „Freedom of the Seas“ hat genug gehört. Heute um 10 Uhr macht sie sich wieder auf den Weg – nach Amerika. ANJA TIEDGE