HEUSCHRECKENALARM: BEI DER TELEKOM VERFEHLT, WOANDERS NICHT
: Heuchelei gehört zum Geschäft

Die Bundesregierung hat sich die von ihr bislang als „Heuschrecken“ verteufelten Finanzinvestoren nun selbst an den Tisch geholt. Die US-Investmentfirma Blackstone darf sich mit knapp 5 Prozent der Aktien in die Telekom einkaufen. Ein Sieg der Doppelzüngigkeit? Keineswegs. Der Verkauf an den US-Investor ist ein geglückter Schachzug. Der deutsche Staat will sich von seinem ehemaligen Monopolunternehmen trennen, von dem er noch immer ein gutes Drittel besitzt. Das kann er ruhigen Gewissens tun, denn das ehemalige Monopol bewegt sich längst in einem funktionierenden Markt, in dem sich viele Anbieter einen harten, globalen Wettbewerb liefern. Produktvielfalt, Innovation und niedrige Verbraucherpreise sind das Ergebnis.

Solange ein Markt so gut funktioniert wie die Telekommunikationsbranche, gehört der Einstieg von Finanzinvestoren zur Logik des Marktes. Bei der Telekom ist dies geglückt: nach dem Einstieg von Blackstone zog der Kurs um über vier Prozent an. Anders sieht es jedoch aus, wenn privates Kapital Unternehmen und Branchen bestimmt, in denen Monopole herrschen. Und genau hier beginnt die Doppelzüngigkeit der Bundesregierung. Denn der Staatseinfluss ist überall dort sehr wohl nötig, wo es keinen funktionierenden Markt gibt. Zum Beispiel der deutsche Energiesektor: eine Hand voll Unternehmen hat unter sich die Versorgung mit Strom und Gas aufgeteilt. Eon, RWE, EnBW und Vattenfall haben die Macht, auf Kosten der Verbraucher jedes Jahr Milliardengewinne einzufahren und nach Belieben die Preise hochzutreiben.

Doch ausgerechnet hier legt die Bundesregierung die Hände in den Schoß und vertraut auf einen Wettbewerb, den es nicht gibt. Die Regulierungsbehörden versucht zwar immer wieder, gegen den Machtmissbrauch der Energiefirmen anzugehen – doch der Erfolg hält sich in Grenzen, weil die Konzerne immer wieder Rückendeckung aus der Politik bekommen. Es bleibt immer gefährlich, privaten Investoren auf monopolistischen Märkten freie Hand zu lassen. Das wird nicht zuletzt beim geplanten Börsengang der Bahn noch für spannende Diskussionen sorgen. TARIK AHMIA