Israel steht vor einer großen Koalition

Kadima und Arbeitspartei wollen zusammengehen. Unmut über Besetzung des Verteidigungsministeriums

JERUSALEM taz ■ Israels führende Parteilisten, Kadima und Arbeitspartei, sind sich grundsätzlich über ein Zusammengehen einig. Mit dabei sind außerdem die Rentnerpartei und die orientalisch-orthodoxe Partei Schass. Offen ist, ob auch der rechtsnationale Avigdor Liebermann, Chef von „Unser Haus Israel“, der Regierung beitreten wird. Er beharrte auf dem Posten des Ministers für Innere Sicherheit, was ihm jedoch aufgrund laufender Verfahren versagt bleiben wird.

Bei den Parlamentswahlen am 28. März war Kadima mit 29 der 120 Sitze stärkste Kraft in der Knesset geworden. Die Arbeitspartei errang 19 Sitze. Auch ohne Liebermann verfügt Regierungschef Ehud Olmert (Kadima) über eine Mehrheit. Der von ihm geplante Abzug aus Teilen des besetzten Westjordanlandes und eine einseitige Grenzfestlegung war bei den Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten kein Thema. Dem ehemaligen Gewerkschaftschef Amir Peretz, Vorsitzender der Arbeitspartei, ging es in erster Linie um sein zentrales Wahlversprechen, die Mindestlöhne auf 1.000 Dollar anzuheben. Olmert stimmte einer stufenweisen Regelung zu, mit der noch im April begonnen werden soll.

In den sauren Apfel musste Peretz trotzdem beißen, als Olmert ihm das ersehnte Finanzministerium abschlug und ihm den Posten des Verteidigungsministers überließ. Diese Entscheidung sorgte für Kritik, vor allem beim amtierenden Verteidigungsminister Schaul Mofaz, der eine langfristig geplante Veranstaltung mit zahlreichen Botschaftern absagte. Mofas monierte, der Zivilist Peretz habe keine Erfahrung mit der Sicherheitspolitik. Außerdem wird in militärischen Kreisen befürchtet, Peretz könne das Budget kürzen, um Geld für sozialpolitische Maßnahmen zu haben.

Der palästinensische Nationale Berater Jibril Rajoub begrüßte den Wechsel an der Spitze des Verteidigungsapparat und forderte, „Mofaz für seine Kriegsverbrechen nun endlich vor Gericht zu stellen“. An Peretz wandte er sich mit der Hoffnung, dass er den Dialog suchen werde, „der einzige Weg, um den Konflikt beizulegen“.

Abgesehen von dem Verteidigungsministerium und dem Erziehungsministerium blieben für die Sozialdemokraten nur noch drei kleinere Ministerien. In den Reihen der Arbeitspartei macht sich deshalb Unmut breit. Peretz halte gezielt innerparteiliche Konkurrenten von einflussreichen Positionen fern, zitierte die liberale Ha’aretz Stimmen aus der Parteiführung.

Das künftige Kabinett wird mindestens 25 Minister umfassen, darunter das Entwicklungsministerium für den Negev und Galiläa, das eigens für Expremierminister Schimon Peres eingerichtet wurde. Die Rentnerpartei besetzt neben dem Gesundheitsministerium das Ministerium für Rentner-Angelegenheiten. SUSANNE KNAUL