Reale Bedrohung nach 24 Jahren

HÄUSERKAMPF Plenum des besetzten autonomen Zentrums Rote Flora in Hamburg lehnt jede Zusammenarbeit mit dem Eigentümer und seinem Immobilienberater ab. Gegen eine mögliche Räumung ruft man zum Widerstand auf „politischer und praktischer Ebene“ auf

Die AktivistInnen des autonomen Zentrums Rote Flora im Hamburger Schanzenviertel haben den ihnen zugeworfenen Fehde-Handschuh aufgenommen: Am Donnerstagabend hat ein außerordentliches Plenum, an dem mehr als 300 Delegierte von Gruppen sowie Einzelpersonen teilgenommen haben, beschlossen, den „politischen Kampf zur Verteidigung“ des seit 24 Jahren besetzen Stadtteilzentrums aufzunehmen. „Das Projekt Rote Flora wird auf politischer wie auf praktischer Ebene um jeden Preis verteidigt“, sagte eine Sprecherin.

Deutliche Worte fand auch das Plenum: „Wir werden uns bundesweit und international vernetzten und auf diesen Angriff entschlossen reagieren“, heißt es in einer Erklärung. „Wir sehen uns auf der Straße.“

Zugleich erteilten die Rot-FloristInnen dem Rechtsanwalt und Consultingberater Gert Baer, der den Rote-Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer berät, eine klare Absage. Baer, der seit mindestens einem Jahr an der Seite von Eventmanager Kretschmer steht, ihn vor der zwangsweisen Versteigerung mehrerer Immobilien bewahrte und offenbar auch aus der Insolvenz helfen konnte, hatte vorgeschlagen, dass sich „die aktuellen Besetzer der Flora an der kreativen Ausgestaltung“ eines neuen „Stadteilkultur- und Veranstaltungszentrums“ beteiligen sollten.

Zuvor hatte Baer bekannt gegeben, dass er für Kretschmer, der mit einer US-Investmentfirma „einen interessanten und flexiblen Partner gefunden“ habe, einen Bauvorbescheid beim zuständigen Bezirksamt Hamburg-Altona eingereicht habe. Er will demnach auf dem Areal der Roten Flora einen Neubau-Komplex errichten, in dem neben einer integrierten Konzerthalle für 2.500 Besucher auch ein Bürgerhaus, ein Jugendtreff, eine Kita und Übungsräume für Musiker, Tanz, und Theaterleute sowie Gastronomie und kleine Musikclubs untergebracht werden könnten.

„Selbstverständlich würden wir dann den aktuellen Besetzern eine geeignete Fläche für ihre eigenen Veranstaltungen und ihre Organisation zu sehr günstigen Konditionen zur Verfügung stellen“, sagte Baer der taz. „Wir stehen jederzeit zu Gesprächen bereit.“ Doch daraus wird wohl nichts werden. „Es wird keinerlei Zusammenarbeit mit Gert Baer geben“, heißt es in der Plenums-Erklärung, „genauso wenig wie es Gespräche mit der Stadt oder Kretschmer geben wird.“ Die Rote Flora begreife sich „als Teil der Kämpfe um öffentlichen Raum“.

Die aktuellen Pläne Baers seien eine „reale Bedrohung für das Projekt“, sagt die Rote-Flora-Sprecherin. „Baer ist ein anderes Kaliber als Kretschmer und ein Global Player auf dem internationalen Immobilienmarkt.“

Die AktivistInnen wollen eine breit angelegte Kampagne zur Verteidigung der Roten Flora initiieren, ein Höhepunkt könnte der 21. Dezember werden. Da ist in Hamburg eine bundesweite Demonstration autonomer Gruppen geplant.  KAI VON APPEN