Pekuniärer Eingriff

WANDEL Wer sein Geld in Stiftungen investiert, hat viele Möglichkeiten, Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen

Es gibt so etwas wie ein Reinheitsgebot in der deutschen Stiftungslandschaft

VON CONSTANZE BROELEMANN

Mit einer Stiftung verbindet der Otto Normalverbraucher möglicherweise in personam einen konservativen, etwas älteren Herrn, der das Geld seiner Stifter zwar für ein gemeinnütziges, aber nicht wirklich spannendes Unterfangen einsetzt. Zumal der Öffentlichkeit meist nur die „großen Namen“ an Stiftungen bekannt sind. „Dabei machen kleinere bis mittlere Stiftungen den Großteil der deutschen Stiftungen aus“, sagt Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Stiftungen.

Die deutsche Stiftungslandschaft ist überaus breit aufgestellt. Eine Alternative zum herkömmlichen Stiftungswesen findet sich im Netzwerk „Wandelstiftungen“. Seine Mitglieder haben sich zum Ziel gesetzt, Beiträge zu einer sozialen und ökologisch nachhaltigen Gesellschaft leisten zu wollen – die taz Panter Stiftung zählt zu den Gründern des Netzwerkes, genau wie die „Bewegungsstiftung“. „Wir fördern da, wo andere aufhören“, sagt Matthias Fiedler, Geschäftsführer der Bewegungsstiftung. Im Fokus steht die Unterstützung von Organisationen, die einen politischen Wandel anschieben wollen. Protestbewegungen wie Attac, Lobbycontrol oder .ausgestrahlt gehören und gehörten zu den bereits Begünstigten. Unter dem Motto „Change statt Charity“ wollen die Stifterinnen und Stifter versuchen, das Übel an der Wurzel zu packen, statt Symptome zu behandeln. So werde beispielsweise nicht eine Tafelbewegung unterstützt, sondern eine Kampagne, die sich damit auseinandersetzt, warum es überhaupt Tafeln geben muss. „Bei uns geht es immer um die Veränderung der politischen Rahmenbedingungen“, so Fiedler. Ein Entweder-oder soll hier aber nicht Maxime sein. Jeder, der ein gewisses Kapital zustiftet, kann Stifter werden und ist damit stimmberechtigt. Inzwischen haben sich 140 Menschen der „progressiven Philanthropie“ verschrieben, wie die Bewegungsstiftung ihr Leitbild selbst betitelt. Darüber hinaus werde das Kapital der Stiftung ethisch-nachhaltig angelegt.

In eine ganz andere Richtung geht die „Deutsche Stiftung Eigentum“. Den Wert des Grundrechts auf Eigentum in die Öffentlichkeit zu transportieren ist hier Satzungsinhalt. Wobei der Wert von geistigem wie materiellem Eigentum gleichermaßen berücksichtigt werden soll. „Wir bewegen uns im Spannungsfeld zwischen privaten Befugnissen und dem Gemeinwohl“, sagt Geschäftsführerin Heidrun Gräfin von der Schulenburg. Auch diese Stiftung ist, wie der überaus größte Teil deutscher Stiftungen, gemeinnützig.

Um ganz sicherzugehen, dass er sein Geld gemeinnützig unterbringt, kann sich der potenzielle Stifter an den Bundesverband Deutscher Stiftungen wenden. Dieser ist eine Art Pendant zum Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das unter anderem Spendensiegel vergibt. Bevor es losgeht mit dem Stiften, sollte sich der Stiftungswillige überlegen, in welcher Form er stiften will, sagt Fleischer. Denn Stiften ist „eine sehr nachhaltige Form des Engagements“. Theoretisch kann eine Stiftung so gut wie ewig bestehen. Es gibt die Möglichkeit mit- oder zuzustiften, selbst eine Stiftung zu gründen oder sich an einer Treuhand-Stiftung zu beteiligen. Am besten lasse man sich hierbei von jemandem beraten, der sowohl juristisch versiert als auch im Stiftungsmanagement praktisch bewandert ist. Ein großes Stück Sicherheit sollte jedoch die Tatsache geben, dass es sich in Deutschland mit den Stiftungen wie mit dem Bier verhält: Es gibt so etwas wie ein Reinheitsgebot in der deutschen Stiftungslandschaft. In den vergangenen Jahren seien sukzessive die politischen Rahmenbedingungen für Stiftungen verbessert worden. „Das ist ein Signal der Wertschätzung von politischer Seite“, sagt Fleischer. Und das macht sich bemerkbar – seit der Jahrtausendwende ist die Hälfte aller deutschen Stiftungen entstanden. Unter anderen komme dabei der Nachhaltigkeitsgedanke von Stiftungen, der ja inzwischen „mainstream“ sei, zum Tragen, so Fleischer. Und natürlich die demokratische Möglichkeit der Einflussnahme mittels einer Stiftung.

Ein gutes Bespiel hierfür ist das Modell der Bürgerstiftung. Deren Anzahl ist in der Vergangenheit geradezu explodiert. Eine Form von Stiftung, die immer thematisch breit aufgestellt und lokal begrenzt ist. Ausgezeichnet sowohl inhaltlich als auch mit dem Charity-Preis „Goldene Henne“ ist die Berliner Jenny De la Torre Stiftung. Die brasilianischstämmige Ärztin Jenny De la Torre wollte in einem wohlhabenden Land wie Deutschland nicht länger ansatzweise „brasilianische Verhältnisse“ hinnehmen und hat ein Gesundheitszentrum für die Versorgung obdachloser Menschen aufgebaut. Wer also mit seinem Geld etwas Vernünftiges anfangen will, findet in dem breiten Angebot deutscher Stiftungen bestimmt etwas Sinnvolles, das lohnt unterstützt zu werden.

www.stiftungen.org www.wandelstiften.de www.stiftungsnetzwerk-berlin.de