PORTRAIT FELIX MAGATH VON DANIEL THEWELEIT
: Der Unerfüllte

Das emotionale Chaos ist ein vertrautes Phänomen auf Schalke. Doch die halbe Stunde nach dem Abpfiff der 0:2-Niederlage gegen Werder Bremen übertraf alles, was bisher da war an emotionalem Durcheinander. Obwohl der Verbleib von Kevin Kurayni, Marcelo Bordon und Gerald Asamoah auf Schalke ungeklärt ist, mischte sich die Wehmut des Abschieds mit der Freude über die gute Saison und einer kräftigen Prise Bitterkeit über den verpassten Titel. Der Epilog des Spiels wurde zu einem trotzigen Akt der Schalker Selbsttröstung, der seinen Höhepunkt fand, als Felix Magath seine Ehrenrunde absolvierte.

„So etwas habe ich noch nicht erlebt, diese Fans sind sensationell“, sagte Magath ohne ein Lächeln im Gesicht. Er war außerstande, die grenzenlose Verehrung, die ihm zuteil wurde, „richtig zu genießen, ich habe mich zu sehr geärgert“, berichtete er. Der 56-Jährige ist besessen von der Idee, den Titel nach Gelsenkirchen zu holen und damit unsterblich zu werden. Und er weiß, dass dieses Ziel nicht mehr oft so leicht realisierbar sein wird wie 2010. Insofern war dieser 33. Spieltag auch der Tag von Magaths bisher größter Niederlage auf Schalke.

Wohl deshalb ließ er sich zu einer kleinkarierten Schiedsrichter-Schelte hinreißen. Kurz vor der Halbzeit hatte Per Mertesacker Benedikt Höwedes im Strafraum umgerissen, den fälligen Elfmeter bekamen die Schalker nicht. „Man gewinnt den Eindruck, wenn man sich da nicht wehrt, dann denken die Schiedsrichter, sie können mit einem machen was sie wollen“, schimpfte Magath und erinnerte daran, dass seine Mannschaft auch beim 1:2 gegen den FC Bayern benachteiligt worden sei. Natürlich fuchst ihn das, denn diese beiden Heimniederlagen haben die Meisterschaft entschieden. Allerdings haben sowohl Bayern als auch Bremen völlig verdient gewonnen auf Schalke.

Wahrscheinlich wird auch Magath das irgendwann erkennen, sein Verstand sagte ihm schon am Samstag, dass er mit diesem Jahr „völlig zufrieden“ sein müsse. „Wir dachten ja vor dieser Saison alle, dass wir froh sein können, wenn wir nicht im Mittelfeld oder sogar noch weiter unten landen.“ Doch im kommenden Jahr sind die Erwartungen andere, der Zauber des Unbekannten und Magaths faszinierende Fähigkeit zum Überraschenden werden an Kraft verlieren, trotz Champions-League-Millionen wird es nicht leichter. Nur in einzelnen Jahren sei der ganz große Coup trotz der Münchner Übermacht möglich, erläuterte Magath, das Timing muss eben stimmen. Schalke hat die große Chance verpasst, die der VfB Stuttgart 2007 und der VfL Wolfsburg 2009 nutzen konnten. Aber immerhin muss er nun nicht flüchten wie vor einem Jahr aus Wolfsburg, die Mission ist noch nicht erfüllt.