Gasag nimmt’s sportlich

Die Preiserhöhungen haben das Image des Gasversorgers angekratzt, analysiert der Vorstand. 41.000 Kunden schrieben Beschwerdebriefe. Bis zum Sommer sollen die Preise stabil bleiben

VON ULRICH SCHULTE

Die Preiserhöhungen im Januar und Oktober haben das Image der Gasag stark beschädigt, fürchtet der Vorstand des Berliner Erdgasversorgers. „Wir müssen um unser Image kämpfen“, sagte Vorstandssprecher Georges Hoffmann gestern bei der Vorstellung der Jahresbilanz für das Jahr 2005. 41.000 Beschwerdebriefe von Kunden hat die Gasag seit Oktober erhalten. 3.000 Kunden sind noch streitlustiger. Sie überweisen nach wie vor die alten Preise und rechnen den Aufschlag heraus.

Das Unternehmen mit Quasi-Monopol hatte seine 650.000 Berliner Kunden mit happigen Preisaufschlägen überrascht – und diese mit stark gestiegenen Einkaufspreisen begründet: Zum 1. Oktober 2005 stiegen die Tarife um rund 10 Prozent, zum 1. Januar noch einmal um beinahe 12 Prozent. Ende offen. „Im zweiten Quartal wird es definitiv keine Preiserhöhung geben“, sagte Vertriebsvorstand Andreas Prohl. Viel heißt das nicht. Denn für Erdöl werden gerade Rekordpreise gezahlt, an sie sind die Gaspreise gekoppelt. Letztere vollziehen Veränderungen mit einer Zeitverzögerung von mehreren Monaten nach. „Wenn sich erneut ein Druck auf unsere Bezugskosten ergibt, müssen wir wieder erhöhen“, so Hoffmann.

Auf den Gewinn des Gasversorgers, der bis 1994 ganz in Landesbesitz war, wirken sich die höheren Beschaffungskosten nicht aus. Die Aktiengesellschaft erwirtschaftete 2005 einen Jahresüberschuss von 50 Millionen Euro, vier Millionen weniger als im Vorjahr. Ursachen für den Rückgang seien höhere Steuerzahlungen sowie Kosten für die gesetzlich vorgeschriebene Trennung von Netz und Vertrieb.

Die Vorstände mühten sich, die Preiserhöhungen zu rechtfertigen. Der Vorwurf, die Gasag nutze die Aufschläge, um ihre Gewinne zu steigern, entbehre jeder Grundlage, hieß es. Die steigenden Gaspreise hätten in den vergangenen 14 Monaten Kosten von 240 Millionen Euro verursacht, sagt Hoffmann. „Wenn wir das nicht an die Kunden weitergegeben hätten, stünden wir tief in den roten Zahlen.“ Die Gasag produziert selbst kein Erdgas, sondern verkauft es lediglich weiter.

Die Verbraucherzentrale zweifelt hingegen die Rechtmäßigkeit der Erhöhungen an. Mit ihrer Unterstützung haben 42 Kunden gegen den Oktober-Aufschlag vor dem Landgericht geklagt. „Wenn ein Monopolist eine Leistung anbietet, muss laut Gesetz die Billigkeit gewährleistet sein“, sagt Jurist Bernd Ruschinzik. „Wir zweifeln an, dass dies der Fall ist.“ Folgt das Gericht dieser Argumentation, wäre die Preiserhöhung der Gasag unzulässig. Als Termin für die Verhandlung ist der 19. Juni angesetzt, ein Termin Mitte März war geplatzt. Der Anwalt der Verbraucherschützer hatte um einer Verlegung gebeten, um mehr Zeit für die Aktensichtung zu haben.

Bei der Gasag gibt man sich selbstbewusst. „Das Verfahren wird endlich Klarheit schaffen“, sagt Prohl – auch mit Blick auf einen Vertrauensverlust bei den Kunden. Jeder Beschwerdebrief sei innerhalb von drei Tagen beantwortet worden. Auf den Wettbewerb auf dem Gasmarkt (siehe Kasten) bereitet sich die Gasag mit neuen Projekten vor. In Rathenow baut sie gerade eine Biogas-Anlage, die Gas ins Netz speisen soll. Zudem würden energiesparende Kraftwärmekopplungsanlagen erprobt, sagt Prohl. Die Strom und Wärme erzeugenden Minikraftwerke eignen sich etwa für Einfamilienhäuser.