Wenn Azubis übern Tisch gezogen werden

Die Verbraucherzentrale NRW informiert: Junge Leute, die vermögenswirksame Leistungen anlegen wollen, werden oft lückenhaft beraten. Das zeigt eine Stichprobe der Verbraucherzentrale bei 24 Geldinstituten und Bausparkassen

„Ihre Vermögensbildung optimieren wollten Auszubildende, die im Auftrag der Verbraucherzentrale bei 24 Banken und Bausparkassen in Köln und Düsseldorf vorsprachen. Die Experten sollten bei der Anlage von vermögenswirksamen Leistungen (vL) helfen.

Eine Anlage, die in Zeiten des Mickerzins mit satten Prozenten lockt: besonders bei einkommensschwächeren Berufsanfängern. Die meisten Betriebe nämlich spendieren ihren Mitarbeitern allmonatlich einen festen Betrag bis zu 40 Euro, der über Jahre fest angelegt werden muss.

1.000 Euro in sieben Jahren

Zur Auswahl stehen dabei zuvorderst Bausparvertrag und Aktienfonds. Bleibt der Mitarbeiter unter der Einkommensgrenze von 17.900 Euro zu versteuerndes Einkommen für Alleinstehende, 35.800 Euro für Verheiratete winkt jedes Jahr zusätzlich die Arbeitnehmersparzulage. Dabei bringt der Bausparvertrag neun Prozent extra (bis 470 Euro jährliche Anlage). Den risikoreicheren Gang zur Börse belohnt Vater Staat sogar mit 18 Prozent (bis 400 Euro jährliche Anlage).

Damit nicht genug. Wer noch mehr staatliche Prämie absahnen will und zusätzliche Mittel frei hat, kann obendrein noch 8,8 Prozent Wohnungsbauprämie (WoP) auf den Bausparvertrag bekommen. Bei der WoP sind nicht nur die Einkommensgrenzen großzügiger bemessen (25.600 Euro Alleinstehende/51.200 Euro Verheiratete), auch beim geförderten Anlagebetrag darf‘s ein bisschen mehr sein: 512 Euro für Singles, Eheleute das doppelte.

Prämienjäger bringen es so in sieben Jahren auf über 1.000 Euro staatliche Extra-Förderung. Leer aus gehen dagegen Sparer, die ihre vL-Beträge auf einen Sparvertrag bei einer Bank oder in eine Kapital-Lebensversicherung einzahlen. Dafür gibt‘s keinen Cent vom Finanzminister.

Verständlich, dass solch komplexe Materie Beratung verlangt – gerade für junge Laien. Doch Pustekuchen. Die meisten Gespräche verliefen „mangelhaft“, weil viele Informationen einfach unterschlagen wurden.

Erschreckend nachlässig

Das Wichtigste aus den Ergebnissen: Fünf von 24 Beratern wussten offenbar nichts über die Aktien-Förderung. Allein über die Möglichkeit, mittels Bausparvertrag Vermögen zu bilden, informierten alle Branchenvertreter. Bisweilen jedoch allzu übertrieben. So mochten zwei Vertreter der Bauspar-Branche partout nicht über die Konkurrenz-Produkte informieren. Das Sparbuch als Anlageform wiederum fand jeder zweite als nicht erwähnenswert. Ebenso durchwachsen war die Kenntnis über die Zulagen. Wahrend jeder sechste Berater die Förderhöhen beim Bausparvertrag nicht drauf hatte, patzte beim 18-Prozent-Bonbon für Aktien sogar jeder zweite.

Aussetzer auch bei den Einkommensgrenzen. Jeder vierte Geldprofi verlor dazu kein Wort. Erschreckend nachlässig klärten neun der 24 Anlage-Helfer auch über das Risiko von Aktienfonds auf. Einer verstieg sich gar zu der Behauptung: „Unsere Fonds sind sicher!“ Doch es ging noch schlechter: Auf überwiegendes Desinteresse traf das gegenwärtige und zukünftige Einkommen der Test-Azubis, das immerhin über die Zulagen-Berechtigung entscheidet. Gerade mal jeder vierte Berater erfüllte hier seine Pflicht. Arbeitswut kam dagegen bei 23 von 24 Instituten auf, als es um den vL-Betrag des Arbeitgebers ging. Verständlich, schließlich entscheidet dieser Betrag in der Regel über die Höhe des möglichen Vertrags und damit oftmals auch über die Provision des Beraters.“

(Mehr Infos unter: www.verbraucherzentrale-nrw.de)